Wien (Reuters) - Die wegen ihrer Russland-Geschäfte unter Druck stehende Wiener Raiffeisen Bank International (RBI) wird noch einige Zeit für eine Entscheidung über die Zukunft ihrer Tochterbank benötigen.

Das Institut prüfe nach wie vor alle strategischen Optionen für das Geschäft in Russland und Belarus, bis hin zu einem sorgfältig gesteuerten Ausstieg aus dem Land, wiederholte Bankchef Johann Strobl am Dienstag fast wortgleich frühere Aussagen. Angesichts der schwierigen und sich ständig ändernden Rahmenbedingungen werde der Prozess noch einige Zeit in Anspruch nehmen, erklärte er. Auf eine Zeitachse will sich der Manager nicht festnageln lassen. Zugeknöpft gab sich der RBI-Chef auch bei der Frage nach den konkreten Optionen sowie ob die Bank weitere Angebote für die russische Tochter erhalten habe. Im Mai hatte er noch erklärte, die RBI habe unaufgefordert Offerten erhalten.

"Das, was in unserer Hand liegt, das haben wir gemacht", sagte Strobl. "Wir haben angekündigt, dass wir die russische Bank auf eine schwierige Phase vorbereiten werden und der beste Weg dazu ist, dass man das Kreditrisiko reduziert". Dies sei nun in einem großen Ausmaß gelungen. Das Kreditbuch in Rubel ausgedrückt sei um 22 Prozent reduziert worden. Dabei fährt die Russland-Tochter, die immer schon ein Goldesel für den Konzern war, hohe Gewinne ein. Im ersten Halbjahr verdreifachte sich der Gewinn nach Steuern auf 630 Millionen Euro von 203 Millionen Euro. Zurückzuführen sei dies vor allem auf die Aufwertung des Rubel gegenüber dem Euro sowie Maßnahmen der russischen Zentralbank zu Zwangskonvertierungen. Von den hohen Gewinnen hat die Konzernmutter in Wien aber nicht viel, da wegen der westlichen Sanktionen gegen Russland keine Dividenden fließen. Neugeschäft erwirtschafte die Tochterbank seit dem russischen Einmarsch in der Ukraine Ende Februar jedoch keines mehr. Die russische Tochter hat damit die stärksten Zuwächse innerhalb der RBI-Gruppe erzielt und macht mehr als ein Drittel des Konzerngewinns von 1,71 Milliarden Euro im ersten Halbjahr aus.

Bereits am Montagabend legte die RBI ihre Ergebnisse zum Halbjahr vor und passte den Ausblick an. Im zweiten Quartal wurde auch dank dem Verkauf der bulgarischen Tochter ein Nettogewinn von 1,27 Milliarden Euro nach 396 Millionen Euro im Vorjahresquartal eingefahren. Die Bank lag damit deutlich über den Erwartungen von Analysten, die im Schnitt mit einem Gewinn von 854 Millionen Euro gerechnet hatten.

An der Wiener Börse legten die RBI-Papiere sechs Prozent zu. Seit Jahresbeginn hatten die Aktien jedoch mehr als die Hälfte ihres Wertes eingebüßt.


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Die RBI ist neben Russland, Belarus und der Ukraine in vielen Länder Osteuropas aktiv und zählt dort zu den größten Kreditgebern. In Belarus wurde im ersten Halbjahr ein Gewinn von 56 Millionen Euro nach 3,0 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum erzielt. In der Ukraine versucht das Geldhaus nach wie vor die wichtigsten Bankdienstleistungen aufrecht zu erhalten. Im ersten Halbjahr fiel dort ein Verlust von 70 Millionen Euro an nach einem Gewinn von 62 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum.

Die Raiffeisen Bank ist seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion vor 30 Jahren in Russland aktiv und hat dort viele Jahre hohe Gewinne eingefahren. Ein Rückzug aus dem Land wäre für die RBI dementsprechend schmerzhaft und macht einen solchen Schritt umso schwieriger.

Die Österreicher zählen zu den größten ausländischen Banken in Russland. Während die französische Großbank Societe Generale bereits ihre Rosbank-Einheit an Interros Capital verkauft hat, ein Unternehmen, das mit dem russischen Oligarchen Wladimir Potanin verbunden ist, prüfen neben der RBI auch die italienische UniCredit und die US-Großbank Citigroup noch ihre Optionen.

(Bericht von Alexandra Schwarz-Goerlich und Tom Sims, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)