Von Stephen Wilmot

LONDON (Dow Jones)--Es gehört einiges dazu, als Blackbox-Unternehmen Anlegerliebling zu werden - zumal in einer technischen Branche. Dem Batterie-Startup Quantumscape ist das überraschender Weise gelungen. Gleichwohl ist die Chance gering, dass der anfängliche Hype, der um seine noch in der Frühphase befindliche Technologie gemacht wurde, noch einmal aufleben wird.

Quantumscape ist im vergangenen Herbst durch die Fusion mit einem Mantelunternehmen an die Börse gekommen. Die junge Firma behauptet, auf ein Wundermaterial gestoßen zu sein, das nach ersten Tests die Herstellung von Festkörper-Batterien mit reinen Lithiumanoden möglich machen könnte. Das wäre, wenn es sich bewahrheitete, eine bahnbrechende Innovation. Die Reichweite der Batterien würde vergrößert, schnelles Laden wäre möglich, und die Kosten sänken. Elektrofahrzeuge könnten endlich so billig und einfach mit Strom zu betanken sein wie ein heutiger Benziner.

Auf Basis dieser Story wurde Quantumscape zu einer Börsensensation mit einer starken Anhängerschaft unter Privatanlegern. Bei der Übernahme durch ein Spac, die der Firma ihre Börsennotierung verschaffte, startete Quantumscape mit einer Bewertung von 3,3 Milliarden Dollar. Zu Beginn des Jahres 2021 war die Bewertung laut Factset bei mehr als 30 Milliarden Dollar angekommen. Seit diesem Spitzenwert geht es stetig abwärts. Inzwischen ist der Börsenwert bei etwa 7,3 Milliarden Dollar angekommen. Und selbst das ist im Vergleich zu anderen Unternehmen kaum angemessen.


 Im Vergleich ziemlich überbewertet 

Solid Power, ein weiteres Feststoffbatterie-Startup, vereinbarte im Juni eine Fusion mit einer Börsenhülle zu einem Unternehmenswert von 1,2 Milliarden Dollar. Der britische Konkurrent Ilika ist mit weniger als 300 Millionen Dollar kapitalisiert. Der Unterschied zu Quantumscape wäre in beiden Fällen nur gerechtfertigt, wenn die Firma aus dem kalifornischen San Jose tatsächlich den heiligen Gral der Batterieentwicklung gefunden hätte.

Ob es sich so verhält, ist freilich nicht klar. Das Unternehmen hat keine Einzelheiten über das revolutionäre Keramikmaterial bekannt gegeben, das den Kern seines Zelldesigns bildet. Wissenschaftlern ist es deshalb nicht möglich, die vollmundigen Angaben zu überprüfen. Die veröffentlichten Testergebnisse sind zwar vielversprechend, aber nur ein erster Erfolg. Nach jahrelanger Geheimhaltung wurde im Dezember mitgeteilt, dass die einschichtigen Zellen bei Tests in wiederholten Lade- und Entladevorgängen selbst nach mehr als 800 Zyklen noch mehr als 80 Prozent ihrer Leistung lieferten.

Das würde bedeuten, dass mit ihnen Hunderttausende von Kilometern gefahren werden könnten. Überdies sollen die Zellen auch bei sehr niedrigen Temperaturen funktionieren und in weniger als 15 Minuten zu 80 Prozent aufgeladen sein. Das alles sind beeindruckende Daten. Branchenkenner aber warnen, dass es schwierig werden könnte, vergleichbar starke Ergebnisse auch mit mehreren Elektrodenschichten zu erzielen. Und dies ist nötig, um Batterien zu bauen, die ausreichend groß sind, damit sie Autos antreiben können.


 Technisch gibt es noch viele Hürden 

Seit Bekanntgabe der Daten konzentriert sich das Unternehmen nun darauf, die Anzahl der Schichten zu erhöhen, zunächst auf vier und dann auf zehn. Der Preis dafür ist offensichtlich eine Verkürzung der Lebensdauer der mehrschichtigen Zellen: In einem Tweet hieß es im August, dass eine 10-Schicht-Zelle ihre Leistung unter Testbedingungen für 200 Ladezyklen halten konnte. Angaben zum Betrieb bei niedrigen Temperaturen oder zum Schnellladen wurden nicht gemacht.

Im April beschuldigte der aktivistische Short-Seller Scorpion Capital Quantumscape des Betrugs, was der Chef des Startups aber bestritt. Allerdings sagen selbst Batterieexperten, die den Berichten Glauben schenken, dass das Unternehmen in der Produktionsphase vor massiven Hürden stehen wird und dass der Zeitplan dafür sehr ehrgeizig ist. Quantumscape will irgendwann 2024 oder 2025 mit der kommerziellen Batteriefertigung beginnen.

Einige Investoren könnte die anhaltende Unterstützung durch Volkswagen beruhigen. Tatsächlich sagt dies aber mehr über die strategischen Prioritäten des Vorstandsvorsitzenden Herbert Diess aus, der sich nach dem Diesel-Skandal komplett dem Elektroauto verschrieben hat, als über die kalifornische Firma selbst. VW ist überdies billig eingestiegen: Für 300 Millionen Dollar, die nach und nach investiert wurden, gehören den Wolfsburgern nun 17,7 Prozent an Quantumscape. Wert ist das Paket derzeit 1,7 Milliarden Dollar.

Berücksichtigt man die Aktienoptionen, beläuft sich der Börsenwert von Quantumscape insgesamt aktuell auf 10 Milliarden Dollar. Das ist eine Menge, wenn dies nur auf Hoffnung und Vertrauen basiert.

Kontakt zum Autor: unternehmen.de@dowjones.com

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August 25, 2021 09:34 ET (13:34 GMT)