Düsseldorf (Reuters) - Thyssenkrupp kann bei seiner Stahlsparte offenbar kein lukratives Bieterrennen in Gang bringen wie zuletzt beim Verkauf der Aufzug-Tochter.

Der schwedische Stahlkonzern SSAB machte am Donnerstag deutlich, dass er nicht interessiert sei. "Nein, wir sind an einem Bieterprozess nicht beteiligt", sagte Vorstandschef Martin Lindqvist in einer Telefonkonferenz anlässlich der Zahlen zum dritten Quartal. Zuvor hatte bereits der russische Severstaal-Konzern abgewinkt. Der chinesische Konzern Baoshan Iron & Steel sei wegen Vorbehalten in Deutschland gegenüber Bietern aus der Volksrepublik besorgt, hatten Insider berichtet.

Eine Woche nach dem Vortoß von Liberty Steel blieb der britische Konzern zunächst der einzige, der offen seinen Hut in den Ring geworfen hat. Liberty will den Verluste schreibenden größten deutschen Stahlkocher Thyssenkrupp Steel Europe komplett übernehmen. Zum Kaufpreis hat der Konzern bislang keine Angaben gemacht. Bei den Arbeitnehmervetretern von Thyssenkrupp und der IG Metall trifft Liberty auf Ablehnung. Sie befürchten den Abbau von Arbeitsplätzen und die Schließung von Standorten.

KURZARBEIT REDUZIERT - ABER KEIN KLARER TREND ERKENNBAR

Vorstandschefin Martina Merz hält sich alle Möglichkeiten für die Stahlsparte offen, etwa eine Partnerschaft, eine Fusion, ein Verkauf oder eine weitere Eigenständigkeit des Stahlbereichs, der bis heute das Symbol des über 200 Jahre alten Ruhrkonzerns ist. Die Sparte war durch die Corona-Krise noch stärker unter Druck geraten. Die Schwerindustrie leidet seit Jahren unter Überkapazitäten, Billigimporten und immer schärferen Klimaschutzauflagen. Bei Thyssenkrupp kamen noch hausgemachte Probleme wie der verlustreiche Ausflug ins amerikanische Stahlgeschäft hinzu.

Steel Europe wird womöglich auch noch im kommenden Jahr mit Kurzarbeit gegen die Krise ankämpfen müssen, um die Jobs der gewerkschaftlich gut organisierten Stahlkocher nicht zu gefährden. "Der durch Corona ausgelöste wirtschaftliche Einbruch ist nicht überwunden, auch wenn einzelne Märkte Erholungstendenzen aufweisen", sagte ein Sprecher auf Anfrage der Nachrichtenagentur Reuters. Inwieweit diese Trends nachhaltig seien, lasse sich zur Zeit nicht vorhersehen. "Wir brauchen daher weiter das Instrument der Kurzarbeit, auch wenn wir sie um rund ein Viertel im Vergleich zu den Sommermonaten reduziert haben." Gegen Ende des Jahres werde geprüft, ob die Kurzarbeit auch 2021 weiter fortgeführt wird Im August waren nach Unternehmensangaben rund 15.000 der 27.000 Beschäftigten von Steel Europe in Kurzarbeit.