LUXEMBURG (dpa-AFX) - Im Streit um die geänderte europäische Gasrichtlinie kann die Nord Stream 2 AG nach einem Gutachten des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) wieder hoffen. Die Klage der Ostsee-Pipeline-Betreiber gegen die geänderte EU-Gasrichtlinie ist laut dem am Mittwoch veröffentlichten Gutachten zuvor zu Unrecht abgewiesen worden. Das Unternehmen ist nach Ansicht des Generalanwalts Michal Bobek durchaus klagebefugt. Inhaltlich nahm er keine Stellung zur Klage. (Rechtssache C-348/20 P)

Die Nord Stream 2 AG hatte vor dem Gericht der Europäischen Union geklagt, weil es neue Regeln für Gasleitungen für nichtig erklären lassen wollte. Diese waren nach Baustart der kürzlich fertiggestellten Gaspipeline von Russland nach Deutschland in Kraft getreten und enthalten etwa Vorgaben zur Entflechtung von Gasvertrieb und Pipeline-Betrieb. Das EU-Gericht hatte die Klage abgewiesen. Aus damaliger Sicht der Richter müsste Nord Stream 2 vor deutschen Gerichten klagen, da die Umsetzung in nationales Recht entscheidend sei. Den Beschluss hatte das Unternehmen vor dem EuGH angefochten.

Das EuGH-Gutachten widerspricht nun der Auffassung des EU-Gerichts. Die geänderte Richtlinie betreffe die Nord Stream 2 AG unmittelbar, weil sie nur einen gewissen Spielraum zur Umsetzung auf nationaler Ebene gebe. Die Gasfernleitung sei auch individuell betroffen. Wegen des Zeitpunkts des Erlasses könne Nord Stream 2 im Gegensatz zu anderen Projekten keine Abweichung oder Ausnahme von den Regeln in Anspruch nehmen.

Der Generalanwalt empfiehlt, den Beschluss der niedrigeren Instanz aufzuheben und die Klage zur inhaltlichen Prüfung an das EU-Gericht zurückzuweisen. Die Richter am EuGH sind nicht an die Gutachten gebunden, folgen ihnen aber häufig. Das Urteil des EuGH wird zu einem späteren Zeitpunkt verkündet./chh/DP/ngu