AMSTERDAM/KAPSTADT (dpa-AFX) - Die Beteiligungsgesellschaft Prosus hat bei ihrer Suche nach lukrativen Investments nun schon das zweite Mal in diesem Jahr in einem Bieterwettstreit den Kürzeren gezogen. Diesmal wollte das Unternehmen, in dem der südafrikanische Medienkonzern Naspers seine Beteiligungen an Internetunternehmen gebündelt hat, beim Verkauf der Anzeigen-Sparte von Ebay zum Zug kommen. Trotzdem winkt dank einer guten Kursentwicklung der Aufstieg in den Eurozonen-Leitindex EuroStoxx50. Was bei dem Unternehmen los ist, was Analysten sagen und was der Aktienkurs macht.
WAS BEI PROSUS LOS IST:
Nachdem sich Prosus Anfang des Jahres im Übernahmekampf um den britischen Essenslieferdienst Just Eat der Liferando-Mutter Takeaway.com geschlagen geben musste, sollte es diesmal eigentlich anders laufen. Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg Mitte Juli berichtete, soll Prosus laut Insidern ein hohes Kaufgebot für den Ebay-Geschäftsbereich Classifieds abgegeben haben, darunter auf die deutschen Angebote Ebay Kleinanzeigen und mobile.de.
Doch trotz der vermeintlich attraktiven Offerte erhielt der norwegische Online-Marktplatz Adevinta den Zuschlag für sein umgerechnet rund 8 Milliarden Euro Angebot. Ausschlaggebend war wohl, dass sich Ebay im Gegenzug als Großaktionär an den Norwegern beteiligen wird. Denn: Die Prosus-Offerte war dem Vernehmen nach ein reines Barangebot.
Trotz des zweiten Misserfolgs in diesem Jahr muss die Beteiligungsgesellschaft jedoch nicht um ihr Ansehen fürchten. Zu den von Naspers in dem Unternehmen zusammengefassten Beteiligungen gehören unter anderem rund 31 Prozent am chinesischen Internet-Giganten Tencent, sowie 28 Prozent am russischen Pendant Mail.ru. Und auch im aktuell aufstrebenden Markt für Essensauslieferer ist Prosus durch seine Anteile an Delivery Hero und Swiggy sowohl in Deutschland als auch Indien vertreten.
Die bereits kurz nach der Jahrtausendwende durch Naspers getätigte Beteiligung an Tencent dürfte derweil wohl zu den erfolgreichsten Anlageentscheidungen überhaupt gehören. Der Wert der ursprünglichen Investition von umgerechnet 28 Millionen Euro (aktuelle Wechselkurs) liegt aktuell bei rund 146 Milliarden Euro.
Im September 2019 brachte Naspers-Chef Bob van Dijk dann Prosus in Amsterdam an die Börse. Er hoffte, dass der Wert der Internetbeteiligungen des Konzerns für die Anleger so besser zum Tragen kommt. Zudem halten sich viele Investoren mit Engagements in Südafrika eher zurück, da die Wechselkursrisiken und politische Unwägbarkeiten fürchten.
WAS DIE ANALYSTEN SAGEN:
Marktexperten zeigten sich zuletzt zufrieden mit Prosus. Von den 12 bei Bloomberg gelisteten Analysten empfehlen alle einen Kauf der Papiere. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei knapp 103 Euro.
Die Experten der US-Investmentbank Goldman Sachs beließen Prosus nach einer Investorenveranstaltung Anfang Juli auf ihrer "Conviction Buy List". Sie sind also besonders überzeugt von ihrer Kaufempfehlung. Analystin Lisa Yang zufolge hat das Management einen positiven Ausblick für den chinesischen IT-Konzern Tencent geliefert. Auch die Investitionen in die Anbieter von Essenslieferdiensten beginnen Früchte zu tragen. Das Kursziel taxiert die Expertin auf 114 Euro.
Die Corona-Krise werde sich Yang zufolge hingegen im zweiten Quartal des laufenden Geschäftsjahres - das Jahr endet jeweils im März - in der Bilanz niederschlagen. Demnach werde vor allem der Umsatz leiden, Gewinn und Barmittelzufluss seien hingegen aufgrund der variablen Kostenstruktur weniger betroffen. Speziell das Geschäft mit Essensauslieferungen habe aufgrund der gestiegenen Internet-Nutzung in den vergangenen Monaten zugelegt, wenngleich es in Indien Belastungen bei den Lieferketten gegeben habe.
Daneben suche Naspers laut der Expertin weiterhin einen Weg seinen Anteil an Prosus auf unter 70 Prozent zu verringern. Derzeit hält der Konzern an seiner an der Euronext in Amsterdam gelisteten Tochter noch 72,50 Prozent und damit nur geringfügig weniger als beim Börsengang im September 2019.
Auch Ken Rumph vom Analysehaus Jefferies zufolge zeigt das laufende Geschäftsjahr ermutigende Fortschritte im Bereich Online-Handel. Das Anzeigengeschäft habe sich derweil bis Ende Juni vom Corona-Rückschlag erholt. Jedoch verwies auch Rumph auf den Gegenwind im Essensliefer-Geschäft in Indien, das unter Beschränkungen leide.
WIE SICH DIE AKTIE ENTWICKELT:
Nachdem die Bewertung der Anteile im Zuge der Corona-Krise von fast 73 Euro Mitte Februar auf unter 47 Euro Mitte März abgerutscht war, schoss der Kurs zuletzt auf ein Rekordhoch von 90,92 Euro nach oben. Seit dem Jahreswechsel haben die Anteilsscheine damit um mehr als ein Drittel zugelegt. Zwischenzeitlich gab die Bewertung dann etwas nach, legte jedoch als Reaktion auf die gescheiterte Ebay-Offerte zwischenzeitlich wieder auf mehr als 90 Euro zu.
Jüngst machten Anleger aber insbesondere bei zuletzt stark gelaufenen Tech-Aktien erst einmal Kasse. Für die Anteilsscheine von Prosus ging es auch daher seit dem Rekordhoch erst einmal wieder ein Stück abwärts auf zuletzt rund 82 Euro.
Damit steht auch noch für Käufer der ersten Stunde an der Amsterdamer Euronext wieder ein Gewinn zu Buche. Dort hatten die Papiere vor noch nicht einmal einem Jahr am ersten Handelstag mit etwas mehr als 74 Euro geschlossen. Anschließend bröckelte der Kurs dann ab.
Dank der kürzlichen Rallye kam Prosus zuletzt auf eine Marktkapitalisierung von mehr als 133 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Zu dem zum Börsenstart von der Amsterdamer Börse festgelegten Referenzpreise von 58,70 Euro waren es gerade noch 95 Milliarden Euro.
Pünktlich zum ersten Börsengeburtstag in Amsterdam im September könnte die Aktie nun in den EuroStoxx50-Index aufgenommen werden. Auf der Auswahlliste per Anfang Juli hat Prosus eine starke Position inne, wie aus den aktuellen Listen der Deutsche-Börse Tochter Stoxx Ltd. hervorgeht.
Ob Prosus tatsächlich den Aufstieg in einen der wichtigsten europäischen Indizes schafft, entscheidet sich jedoch erst anhand der Auswahlliste per Ende August./ssc/knd/mis