FRANKFURT (dpa-AFX) - Der nach langer Ungewissheit endlich konkretisierte Zeitplan für den Börsengang der Porsche AG sorgt am Montag für Freude bei den Anlegern. Das Vorhaben war wegen der wirtschaftlich unsicheren Lage lange Zeit alles andere als in Stein gemeißelt. Dass der Börsengang nun doch noch kommt, hob deshalb zunächst die Laune der Marktteilnehmer. Bei den VW-Papieren setzte dann im Tagesverlauf aber auch gewisse Skepsis ein,

Vor allem die Anteilsscheine der VW-Eigentümerholding konnten zunächst von den Börsenplänen profitieren: Die Porsche Automobil Holding SE erhält bei dem Börsengang 25 Prozent plus eine Aktie der Stämme des Sportwagenbauers und hat damit über eine Sperrminorität Einfluss auf wichtige Entscheidungen. Die Aktien der Porsche SE zogen auf die Nachricht zum Wochenstart deutlich an: In der Spitze ging es um mehr als dreieinhalb Prozent nach oben, zuletzt führten die Papiere den Dax noch mit einem Plus von zwei Prozent auf 68,18 Euro an. Der deutsche Leitindex gab zeitgleich fast ein Prozent nach.

Ganz überraschend kommt die Entscheidung zum Börsengang allerdings nicht: Bereits Anfang September hatte der Volkswagen-Konzern das zeitliche Korsett für das Vorhaben enger gezurrt und den Gang der Porsche AG an die Börse noch für den Herbst in Aussicht gestellt. Nach Sitzungen von Vorstand und Aufsichtsrat am Sonntagabend legte Europas größter Autobauer nunmehr den Termin für den Börsenstart für den 29. September fest.

Das Grundkapital der Porsche AG wurde bereits zur Hälfte in stimmrechtslose Vorzugs- und stimmberechtigte Stammaktien aufgespalten. Bis zu 113 875 000 Vorzugsaktien (inklusive Mehrzuteilungsoptionen) sollen nun an den freien Markt gehen, angeboten werden sie zwischen 76,50 und 82,50 Euro je Stück.

Die ebenfalls im Dax notierten VW-Vorzugsaktien hingegen drehten am Montag nach anfänglichen Gewinnen bis zum Mittag ins Minus. Zuletzt notierten sie rund 0,7 Prozent tiefer. Branchenkenner Michael Punzet von der DZ Bank sieht für den Wolfsburger Konzern Pro und Contra in dem Schritt: Die Niedersachsen könnten zwar einerseits die durch den Börsengang zufließenden Mittel für Investition in Zukunftsthemen nutzen. Im Gegenzug verliere VW jedoch nunmehr den direkten Zugriff auf den freien Barmittelfluss der Porsche AG und partizipiere zukünftig nur noch über die Dividendenzahlungen am Geschäftserfolg des Sportwagenbauers, merkte der Analyst an.

Dass die Bewertung der Porsche AG aktuell mit rund 75 Milliarden Euro unter den zuletzt erwarteten bis zu 85 Milliarden Euro liegt, wurde unterdessen am Markt mit einem Kopfnicken quittiert. Im aktuellen Marktumfeld sei es eher erfreulich, dass der Börsengang durchgezogen werden solle, sagte ein Börsianer.

Konstantin Oldenburger von CMC Markets hebt derweil den "großen Geldregen" hervor, der auf die Volkswagen-Aktionäre mit dem Börsengang niedergehen könnte. "Dies wäre nach den mageren Jahren ein gewisser Trost." So spekuliere der Markt aktuell über eine Sonderausschüttung von bis zu 49 Prozent der Erlöse aus der Platzierung der neuen Aktien an die VW-Aktionäre. "Bei einer Bewertung von bis zu 75 Milliarden Euro könnte VW also rund 19 Milliarden Euro erlösen und davon 9,5 Milliarden Euro ausschütten."

Dies käme auch der Porsche-Holding zugute, die der größte Einzelaktionär des Wolfsburger Konzerns ist und nun für den Kauf der Stammaktien der Porsche AG ihrerseits Geld zahlen muss. Neben den höheren Dividendeneinnahmen sollte die Porsche SE nach Meinung von DZ-Analyst Punzet auch von einer möglichen Höherbewertung der VW-Aktien profitieren. Gleichzeitig geht er jedoch davon aus, dass die Holding die zukünftigen Dividendeneinnahmen aus der Beteiligung an der Porsche AG primär zur Rückführung des Fremdkapitals nutzt - und sich dies somit "nicht positiv auf die zukünftigen Dividendenzahlungen der Porsche SE" auswirken wird.

Auch VW selbst hofft, durch den Börsengang des Sportwagenbauers wieder für Anleger attraktiver zu werden. So hatte beispielsweise HSBC-Analyst Eduardo Spina in der vergangenen Woche ausgerechnet, dass der Markt abseits des Sportwagenbauers, der Barmittel, der Financial Services und der Finanzbeteiligungen (wie etwa am Gemeinschaftsunternehmen in China) dem Rest aller Aktiva der Wolfsburger aktuell am Markt quasi keinerlei Wert zubilligt. Ein erfolgreicher Porsche-AG-Börsengang könnte diesen hohen Abschlag womöglich reduzieren, ähnlich wie das beispielsweise bei Ferrari der Fall gewesen sei, argumentierte der Experte zuletzt.

Tatsächlich haben die VW-Papiere an der Börse durchaus bessere Zeiten gesehen. Die aktuell schwierige Lage an den Aktienmärkten, aber auch die allgemeinen Probleme der Branche wie etwa Lieferkettenschwierigkeiten und das sich eintrübende Konsumklima sind nicht spurlos am Aktienkurs vorübergegangen. Binnen eines Jahres haben die im Dax notierten VW-Vorzüge knapp ein Viertel an Wert eingebüßt. Das Zwischenhoch bei rund 252 Euro ist nun schon gut eineinhalb Jahre her - aktuell kosten die Vorzüge noch 143 Euro.

DZ-Experte Punzet ist in puncto Neubewertung jedoch vorsichtig: Er glaubt zwar daran, dass sich der Börsengang auch positiv auf die Bewertung der Volkswagen AG auswirken dürfte. "Es bleibt jedoch abzuwarten, in welchem Umfang der zukünftige Marktwert der Porsche AG hierbei bei der Bewertung der VW-Aktien berücksichtigt wird."/tav/ag/stk