DORTMUND (dpa-AFX) - Deutschlands Tabakbranche rechnet damit, bis Ende dieses Jahres deutlich weniger Zigaretten zu verkaufen als 2021. In den ersten sieben Monaten dieses Jahres hätten die Firmen 12,3 Prozent weniger Steuerzeichen bezogen als im Vorjahreszeitraum, sagte der Hauptgeschäftsführer des Branchenverbandes BVTE, Jan Mücke, der dpa zum Auftakt der Tabakmesse Intertabac in Dortmund. "Diese Entwicklung dürfte sich bis Jahresende abgeschwächt fortsetzen, Anzeichen für eine Trendumkehr gibt es keine." Für den Verkauf von Tabakwaren beziehen die Hersteller Steuerzeichen vom Staat, sie sind also ein Indikator für den Branchenumsatz.

Mücke begründet die sinkende Nachfrage unter anderem mit den Folgen einer Steuererhöhung zum Jahreswechsel, wodurch sich die Glimmstängel und anderen Tabakprodukte verteuert haben. "Außerdem ist das Konsumklima seit Beginn des Ukraine-Krieges schlechter geworden." Wegen der hohen Inflation sparten viele Menschen und kauften daher auch weniger Zigaretten, sagt der Verbandsvertreter.

Er weist zudem auf Ausweicheffekte hin. So habe Polen Steuern gesenkt, was Benzin und Diesel dort relativ billig gemacht habe. "Viele Bundesbürger fahren nun zum Tanken nach Polen und decken sich dort mit Zigaretten ein." Dies sieht Mücke auch deshalb kritisch, weil im EU-Ausland recht häufig unversteuerte Zigaretten verkauft werden. "Der Schwarzmarkt bekommt dadurch Auftrieb", sagt er. Nach einer Untersuchung der Tabakbranche wird etwa jede sechste in Deutschland gerauchte Zigarette im Ausland gekauft. Die Hälfte dieser Auslandskäufe seien unversteuerte Zigaretten vom Schwarzmarkt.

Schätzungen zum Jahresumsatz 2022 macht Mücke nicht. Im vergangenen Jahr lagen die Ausgaben für Tabakwaren in Deutschland bei 29 Milliarden Euro, wie sich aus Zahlen des Statistischen Bundesamtes ergibt. Nach Abzug von Steuern verblieben den Herstellern und Händlern noch 10 Milliarden Euro. Laut einer langjährigen Befragung der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, der Debra-Studie, stieg der Anteil der Raucher in Deutschland seit Jahresbeginn um etwa fünf Prozentpunkte auf zuletzt 37,6 Prozent der Jugendlichen und Erwachsenen. Branchenvertreter Mücke kann diesen angeblichen Trend hin zum Rauchen nicht bestätigen. "Wenn es mehr Raucher gäbe, müssten wir das in der Steuerstatistik erkennen können", sagt er.

Die dreitägige Intertabac startet am Donnerstag in den Dortmunder Westfalenhallen. Hersteller präsentieren ihre Produkte, ob klassische Zigaretten, Zigarren, Zigarillos oder sogenannte neuartige Produkte. Zu letzteren gehören E-Zigaretten und Tabakerhitzer. Eine in diesem Jahr erfolgte Erhöhung der Tabaksteuer soll dem Bund einerseits mehr Geld in die Kasse bringen und andererseits die Zahl der Menschen, die beim Rauchen ein hohes Krebsrisiko eingehen, reduzieren. Zudem schränkt der Bund Schritt für Schritt Werbemöglichkeiten ein.

Die Branche ist dennoch zuversichtlich. Hersteller wie Philip Morris setzen dabei auch auf besagte neuartige Produkte, in diesem Fall Tabakerhitzer. Bei denen werden weniger Schadstoffe freigesetzt als beim Rauchen./wdw/DP/zb