BERLIN/MAINZ/NEW YORK (dpa-AFX) - Im Kampf gegen die Corona-Pandemie rücken mögliche Schutzimpfungen näher. Als zweite Hersteller beantragten die Mainzer Firma Biontech und der US-Pharmariese Pfizer die Zulassung ihres Impfstoffs in der EU, wie beide Unternehmen am Dienstag mitteilten. In Deutschland wappnen sich Bund und Länder für einen möglichen Start erster Impfungen noch vor dem Jahreswechsel. Um die Virus-Ausbreitung deutlicher einzudämmen, greifen nun für Dezember teils verschärfte Alltagsbeschränkungen. Zugleich können künftig mehr Schnelltests zum Einsatz kommen - etwa in Pflegeheimen und Kliniken.

Biontech könnte seinen Impfstoff nach einer tatsächlichen Zulassung rasch ausliefern, wie Finanzvorstand Sierk Poetting bei einer Pressekonferenz mit Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) in Berlin deutlich machte. "Wir haben auf Halde produziert und alles, was da ist, kann innerhalb von wenigen Stunden dann wirklich verteilt werden." Der Impfstoff würde in Boxen geliefert und könne darin mit Trockeneis bis zu 30 Tage im jeweiligen Impfzentrum gekühlt werden oder bis zu fünf Tage in normalen Kühlschranken. Gefrierschränke würden erst wichtig, wenn es um eine längere Lagerung gehe.

Am Montag hatte schon der US-Konzern Moderna bei der Europäischen Arzneimittel-Agentur (Ema) einen Antrag für seinen Impfstoff gestellt. Die Behörde muss die Anträge nun prüfen - bis spätestens 29. Dezember solle ein Ergebnis vorliegen, teilte sie in Amsterdam mit. Sollte die Ema eine bedingte Zulassung empfehlen, könnte der Impfstoff noch im Dezember eingesetzt werden, teilte Biontech mit. Die endgültige Entscheidung trifft die EU-Kommission, die in der Regel der Ema-Empfehlung folgt. Biontech/Pfizer und Moderna haben auch bei der US-Arzneimittelbehörde FDA Zulassungsanträge gestellt.

Impfstoffdosen sollen laut Biontech "fair" verteilt werden. Es werde nicht "ein Land alles erhalten", hatte das Unternehmen angekündigt. Deutschland und die EU haben einen Rahmenvertrag über den Kauf von bis zu 300 Millionen Dosen abgeschlossen. Nach Lieferprognosen geht Biontech davon aus, dass in diesem Jahr weltweit bis zu 50 Millionen Dosen ausgeliefert und im nächsten Jahr bis zu 1,3 Milliarden Dosen hergestellt werden können. Die Impfung erfolgt in zwei Dosen.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte, mit den Ländern sei grundsätzlich vereinbart, dass geplante Impfzentren ab Mitte Dezember einsatzbereit sein sollen. "Unser Ziel ist es, dass bereits im Januar die ersten Risikogruppen und Pflegebeschäftigen geimpft sind", sagte er im Deutschlandfunk. Vorgesehen ist, dass Impfungen zunächst in regionalen Impfzentren und durch mobile Teams gemacht werden, die in Pflegeheime und Kliniken gehen. Voraussichtlich ab Frühsommer solle es auch in Arztpraxen möglich sein, sagte Spahn. "Wenn es einmal da drin ist im normalen System, schaffen wir auch große Zahlen."

Forschungsministerin Karliczek warb um Vertrauen im Zusammenhang mit der schnellen Entwicklung von Impfstoffen. Bei aller Geschwindigkeit blieben die Prüfungsmaßstäbe auf dem hohen Niveau, das auch sonst bei der Zulassung von Impfstoffen angelegt werde. Sie kündigte zudem eine Informationskampagne an. Die Bundesregierung werde alles unternehmen, um über Vorteile einer Impfung aufzuklären - aber auch über mögliche Nebenwirkungen. "Und um es noch einmal deutlich zu sagen: Die Impfung bleibt freiwillig. Wer sich impfen lässt, schützt sich aber nicht nur selbst, sondern tut auch etwas für die Gemeinschaft."

Um die hohen Infektionszahlen unter Kontrolle zu bekommen, gelten die im November verhängten Schließungen zahlreicher Einrichtungen auch im Dezember weiter. Die maximale Kundenzahl in großen Geschäften wird seit Dienstag stärker beschränkt, private Zusammenkünfte sind nun auf fünf Personen aus dem eigenen und einem weiteren Haushalt begrenzt. Kinder bis 14 Jahre zählen nicht mit. Im November waren meist noch Treffen mit bis zu zehn Personen aus zwei Haushalten erlaubt. Vom 23. Dezember bis zum 1. Januar sollen verschärfte Kontaktbeschränkungen aber über die Weihnachtstage wieder vorübergehend gelockert werden.

Die Zahl der Neuinfektionen in Deutschland lag am Dienstag auf dem Niveau der Vorwoche. Das Robert Koch-Institut (RKI) gab 13 604 Fälle binnen 24 Stunden bekannt, am Dienstag zuvor waren es 13 554 gewesen. Eingesetzt werden können künftig mehr Schnelltests, wie eine neue Verordnung von Spahn vorsieht, die an diesem Mittwoch in Kraft treten soll. In Pflegeheimen und Kliniken sind demnach künftig bis zu 30 statt bisher 20 Tests pro Monat und Bewohner oder Patient möglich. Einzusetzen sein sollen Schnelltests - nach einem Infektionsfall - künftig etwa auch in Schulen.

Für Rückkehrer aus Risikogebieten im Ausland sollen Corona-Tests nach der Einreise ab 16. Dezember nicht mehr kostenlos möglich sein. Bei Schnelltests müssen Proben zum Auswerten nicht ins Labor. Diese Antigen-Tests, die medizinisch geschultes Personal abnehmem muss, gelten aber als nicht so genau wie sonst genutzte PCR-Tests./sam/jrz/sax/sam/dhu/jr/DP/eas