Basel (awp) - Die Covid-19-Pandemie hat kurzfristig einige Abläufe in der Pharma-Branche beschleunigt. Jörg Reinhardt, Verwaltungsratspräsident von Novartis, geht aber nicht davon aus, dass diese Veränderungen nachhaltig sein werden.

Wie er im Interview mit den Zeitungen von CH Media sagte, erwartet er etwa bei den Zulassungsprozessen für neue Medikamente nicht, dass sie mit einer ähnlichen Geschwindigkeit vonstattengehen werden wie dies etwa bei den Zulassungen für die Covid-19-Impfstoffe der Fall gewesen ist.

"Die Pandemie ist ein Sonderfall, wir sollten daraus kaum etwas für das normale pharmazeutische Geschäft ableiten", sagte Reinhardt den Blättern. Die Hoffnung, dass sich die Zulassung für Standardprodukte im Medikamentenbereich dramatisch beschleunigen werde, scheine somit vergebens. "Meine Befürchtung ist, dass man nach einer Übergangsphase wieder in den normalen Trott zurückfällt."

Gleichzeitig habe die Pandemie aber auch verdeutlicht, dass die Pharmaindustrie mit der sehr kurzfristigen Verfügbarkeit von Wirkstoffen gegen das Coronavirus einen guten Job gemacht habe. An der anhaltenden Preiskritik werde dies allerdings nichts ändern, zeigt sich der Manager überzeugt.

mRNA-Technologie auf dem Prüfstand

Die neuartigen mRNA-basierten Impfstoffe haben laut dem Verwaltungsratspräsidenten auch bei Novartis zu einer Diskussion über einen möglichen Einstieg in diese Technologie geführt. "Die mRNA-Technologie hat sich als attraktive Option in dieser Situation erwiesen und natürlich hinterfragt jede forschende Firma, ob man mehr in diesen Bereich investieren sollte."

Das mache auch Novartis und man führe die Diskussion diese Woche in der Geschäftsleitung und dann im August im Verwaltungsrat. "Viele Firmen hatten sich ja aus der antiviralen und antibakteriellen Forschung zurückgezogen, auch wir. Die Erfolgswahrscheinlichkeit wurde als relativ gering betrachtet. Das beurteilen wir nun nochmals neu."

Imerhin habe diese Technologie in einem Mass eingeschlagen, wie es wohl niemand erwartet hätte. Gleichzeitig betont Reinhardt, dass etwa in den USA nach Sars und Mers bereits auf diesem Feld geforscht worden ist. Die Technologie sei also nicht aus heiterem Himmel gekommen.

Gleichzeitig beurteilt Reinhardt den Einsatz dieser Technolgie für andere Krankheiten wie etwa Krebs eher skeptisch.

hr/kw