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Was kommt dabei heraus, wenn Kunst und Wissenschaft aufeinandertreffen? Die Antwort ist so überraschend wie präzise: 60 Billiarden Kopien von vier aneinandergereihte Proteinketten, die insgesamt gerade einmal 15 Milligramm wiegen. Einfacher gesagt: ein Antikörper. Weder mit dem blossen Auge noch mit dem Lichtmikroskop zu erkennen, hört das Produkt dieses ungewöhnlichen tête-à-tête auf den Namen LYNN HERSHMAN und ist Teil einer im Mai beginnenden Ausstellung im HeK (Haus der elektronischen Künste) in Basel.

«Antikörper sind Proteine und bilden einen wichtigen Bestandteil unseres Abwehrsystems. Erkennt unser Körper eine potenzielle Gefahr in Form eines sogenannten Antigens, produziert er Antikörper in grossen Mengen, die dann die Bedrohung eliminieren. Wir sagen dazu binden. Novartis sucht nach eben jenen geeigneten Antikörpern, um sie zu therapeutischen Zwecken einsetzen zu können», erläutert Thomas Huber. Der Leiter einer Antikörperforschungsgruppe bei Novartis war daher auch im Oktober 2017 die erste Adresse für die amerikanische Künstlerin Lynn Hershman-Leeson, die sich schon seit den 1960er Jahren in ihren Werken Fragen nach dem Zusammenspiel von Technologien, Medien und Identität und der sich verändernden Beziehung zwischen Körper und Technologie widmet. Schwerpunkte ihrer neueren Arbeiten sind biotechnologische Entwicklungen, regenerative Medizin und Genforschung.

Antibody vs. Anti-body

Es war das Spannungsfeld zwischen dem in der Forschung gängigen Begriff des Antikörpers (engl. antibody) und der in Hershman-Leesons Kunst verankerten Vorstellung eines Anti-body, einer virtuellen Identität im Cyberspace ohne Notwendigkeit einer körperlichen Hülle, das beide Parteien zu dieser bisher nie dagewesenen Kooperation veranlasste. «Lynn hatte sich an Novartis gewandt, um mehr über Antikörper zu erfahren. Antikörperforschung wird vornehmlich in der Krebstherapie betrieben. Die Pipeline bei Novartis umfasst jedoch auch weitere Bereiche wie Atemwegserkrankungen, Dermatologie, Herzkrankheiten, Nerven- und Augenheilkunde», erklärt Thomas Huber.

Normalerweise steht am Anfang einer jeden Antikörperentwicklung die zu bannende Gefahr, das sogenannte Antigen. Mithilfe verschiedenster Methoden suchen Forscherinnen und Forscher nach einem therapeutischen Antikörper, der in der Lage ist, an dieses Antigen zu binden und infolgedessen zu neutralisieren. «Antikörper setzen sich aus Proteinen, genauer gesagt aus verschiedenen Aminosäuren zusammen. Jede der 20 natürlichen Aminosäuren wird für gewöhnlich mit einem Buchstaben abgekürzt - so steht etwa L für Leucin. Anordnung und Zusammensetzung der Aminosäuren verleihen dem Antikörper dann seinen Namen und seine individuellen Eigenschaften, die im besten Falle auch therapeutischen Zwecken dienen können», so Huber weiter.

Im Gegensatz zum gewöhnlichen Forschungs- und Herstellungsprozess hat man im vorliegenden Fall jedoch 'das Pferd von hinten aufgezäumt', da man den Namen der Künstlerin in der Aminosäurensequenz - LYNNHERSHMAN - des Antikörpers vorgegeben hatte. Dazu Thomas Huber: «Wir gehen also nun den umgekehrten Weg, bei dem nicht die Funktion sondern die Sequenz des Antikörpers im Vordergrund steht. Wir halten eine potenzielle Therapie in Händen und suchen nach dem möglichen Antigen. Dazu testen wir die Stärke der Bindung des Antikörpers an über 7000 möglichen Proteinen. Das ist äusserst spannend!»

Eine ganz andere Perspektive

Hershman-Leeson, 1941 in Ohio geboren, hebt die Gemeinsamkeiten von Forschung und Kunst hervor: «Die Wissenschaft ist äusserst kreativ und unterscheidet sich gar nicht so sehr vom Kunstbetrieb. In unserem Fall liegt der einzige Unterschied darin, dass man direkt aus der menschlichen Struktur heraus arbeitet und Veränderungen vornimmt, die bestenfalls eine Genesung ermöglichen.» Thomas Huber wertet die Zusammenarbeit mit der 77-jährigen Amerikanerin vor allem als gelungene Übersetzungsleistung zur Öffentlichkeit: «Nicht-Wissenschaftlern Einblick in unsere Forschungsarbeit zu geben wird meist durch die Komplexität der oft abstrakt wirkenden Materie erschwert. Mit Lynn konnten wir eine persönliche Verbindung schaffen und die Arbeit aus einer ganz anderen Perspektive beleuchten. Dies erleichtert Aussenstehenden den Zugang enorm.»

Zentrum der Ausstellung

Das Ergebnis des gemeinsamen Projektes kann vom 3. Mai bis zum 5. August 2018 in Hershman-Leesons erster Einzelausstellung Anti-Bodies im HeK besichtigt werden. Dort ist der Antikörper Teil der als Genlabor inszenierten Installation The Infinity Engine, und erweitert die Auseinandersetzung der Künstlerin mit Fragen nach Identität und Einzigartigkeit um eine neue, biologische Dimension. Besucherinnen und Besucher haben die Möglichkeit, die Installation zu begehen und den Antikörper aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. Auf diese Weise können sie sich ein eigenes Bild von den Herausforderungen, Prozessen und Chancen regenerativer Medizin und Gentechnologie machen. Stimmen zahlreicher Experten bereichern die Ausstellung mit Detailwissen und Fachkompetenz.

Ausstellung

Lynn Hershman-Leeson: Anti-Bodies(link is external)
03.05.2018 - 05.08.2018

Eintritt
CHF 9 / CHF 6 (red.)

Anfahrt
HeK (Haus der elektronischen Künste) Basel
Freilager-Platz 9
CH-4142 Münchenstein / Basel

Novartis AG veröffentlichte diesen Inhalt am 07 Mai 2018 und ist allein verantwortlich für die darin enthaltenen Informationen.
Unverändert und nicht überarbeitet weiter verbreitet am 07 Mai 2018 15:42:07 UTC.

Originaldokumenthttps://www.novartis.ch/de/news/ein-antikoerper-namens-lynn

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