Luxemburg/Basel (awp/dpa) - Pharmaunternehmen dürfen Apothekern keine Gratis-Mustermedikamente geben, die verschreibungspflichtig sind. Novartis und Ratiopharm hatten in Deutschland über mehrere Instanzen darüber gestritten. Zum Schluss wurde der Europäische Gerichtshof auf den Plan gerufen.

In dem Streit, bei dem Novartis gegen den deutschen Generikahersteller geklagt hatte, ging es darum, ob rezeptpflichtige Arzneimittel als Muster gratis an Apotheker abgegeben werden dürfen. Der Rechtsstreit (Rechtssache C-786/18) zwischen dem Basler Pharmakonzern Novartis und Ratiopharm ging bis vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH). Dieser entschied am Donnerstag nun, dass Pharma-Unternehmen der Auslegung einer EU-Richtlinie zufolge in der EU keine Gratismuster von verschreibungspflichtigen Medikamenten an Apotheker abgeben dürfen.

Damit brachte der EuGH Klarheit in die Auslegung des Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel (Richtlinie 2001/83/EG). "Dagegen verbietet es der Kodex nicht, Gratismuster von Arzneimitteln, die nicht der Verschreibungspflicht unterliegen, an Apotheker abzugeben", hiess es weiter in der Mitteilung des EuGH.

Gratismuster nur für Ärzte

Nur Ärzte dürfen demnach Gratismuster von Medikamenten mit Rezeptpflicht erhalten, da sie auch berechtigt sind, diese zu verschreiben. Denn aufgrund ihrer Wirkung und der Gefahr, die von ihnen beim Gebrauch ausgehen kann, dürften solche Medikamente nicht ohne ärztliche Überwachung verwendet werden. Die Folge laut Gericht: Eine Abgabe an Apotheker ist nicht zulässig.

Der Auslöser des Rechtsstreits reicht bis in das Jahr 2013. Damals hatten Aussendienstmitarbeiter von Ratiopharm Verkaufspackungen des (nicht rezeptpflichtigen) Arzneimittels Diclo-ratiopharm-Schmerzgel kostenlos an Apotheken abgegeben. Auf diesen Packungen hatte die Aufschrift "zu Demonstrationszwecken" gestanden.

Novartis vertreibt das Arzneimittel Voltaren Schmerzgel mit dem Wirkstoff Diclofenac und hatte im Handeln der Ratiopharm-Mitarbeiter einen Verstoss gegen das Arzneimittelgesetz gesehen. Ausserdem habe es sich dabei nach deutschem Recht um eine unzulässige Werbegabe gehandelt.

Streit vor deutschen Gerichten

Novartis hatte zunächst erfolgreich vor deutschen Gerichten erstritten, dass Ratiopharm keine kostenlosen Packungen an Apotheker abgeben dürfe. Das Ulmer Unternehmen ging daraufhin in Revision und der Fall landete am deutschen Bundesgerichtshof (BGH). Dieser setzte das Verfahren schliesslich aus und wandte sich an den EuGH. Denn für die Klärung der Sache war die EU-Richtlinie entscheidend, zu der der BGH Fragen im Hinblick auf ihre Auslegung hatte.

Mit seinem Urteil vom Donnerstag entscheidet der EuGH damit jedoch nicht über den nationalen Rechtsstreit. Über die Rechtssache muss das Gericht des jeweiligen Landes im Einklang mit dem Urteil des Gerichtshofs entscheiden.

Ratiopharm vertreibt Generika und freiverkäufliche Medikamente und gehört seit 2010 zum israelischen Teva-Konzern.

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