Von Stu Woo und Dan Strumpf

LONDON/HONGKONG (Dow Jones)--Huawei hat im vergangenen Jahr auf den Mobilfunkmärkten außerhalb Chinas gegenüber westlichen Konkurrenten an Boden verloren. Laut Daten des Branchenforschungsunternehmen Dell'Oro gab der Anteil von Huawei an den weltweiten Umsätzen aus dem Verkauf von Mobilfunkgeräten ohne China um 2 Prozentpunkte nach und lag im Jahr 2020 noch bei etwa 20 Prozent. Huawei blieb damit auf dem dritten Platz hinter den Rivalen Ericsson und Nokia, die beide im vergangenen Jahr Marktanteile hinzugewannen, so das Marktforschungsunternehmen weiter. Ericsson festigte seinen Vorsprung bei den Marktanteilen außerhalb Chinas mit rund 35 Prozent, was einem Plus von 2 Prozentpunkten entspricht, während Nokia um 1 Prozentpunkt zulegte und das Jahr mit einem Anteil von rund 25 Prozent beendete.

Huawei verlor zudem Ende vergangenen Jahres seine kurzzeitig gehaltene Krone als weltgrößter Smartphone-Hersteller und sackte unter dem Druck der USA auf Platz 5 ab. Jetzt spürt Huawei den Druck im Kerngeschäft des Unternehmens, dem Verkauf von Geräten, die in Mobilfunknetze eingebaut werden.


   Kundenbindungen laut Huawei vollkommen intakt 

Eine Huawei-Sprecherin verwies auf eine interne Rede des Firmengründers Ren Zhengfei Anfang des Jahres, in der er den Mitarbeitern sagte, die Beziehungen des Unternehmens zu den Kunden seien "so stark wie eh und je". Zudem habe der Konzern seine Transaktionen, Lieferungen, Versorgung und Netzwerke ununterbrochen am Laufen gehalten. In der gleichen Rede betonte Ren, dass Huaweis Umsatz und Gewinn im vergangenen Jahr trotz der Herausforderungen geklettert sei. Aber laut dem starken Mann von Huawei müsse der Konzern sich nunmehr auch aus einigen Märkten zurückziehen: "Wir müssen es wagen, einige Länder, einige Kunden, einige Produkte und einige Szenarien aufzugeben."

Wenn man die chinesischen Verkäufe mit einbezieht, bleibt Huawei der weltweit größte Anbieter von drahtloser Ausrüstung insgesamt, und sein globaler Anteil wuchs im vergangenen Jahr. Laut Dell'Oro überholte China im vergangenen Jahr Nordamerika und wurde zum größten Markt der Branche. Das Land macht nunmehr etwa ein Drittel des weltweiten Umsatzes aus. Trotz der Pandemie übertrafen die Ausgaben für Mobilfunkgeräte, zu denen auch Antennen und angeschlossene Komponenten gehören, in mehreren Regionen die Erwartungen und erreichten weltweit 35 Milliarden US-Dollar, so Stefan Pongratz, Analyst bei Dell'Oro.


   USA machen gegen Huawei weiter mobil 

Außerhalb Chinas trägt Washington jedoch zu einer Verschiebung der Branche bei. Die Trump-Administration nahm Huawei ins Visier und behauptete, Peking könne das Unternehmen zwingen, Netzwerke auszuspionieren oder zu stören. Diese Behauptung bestreitet das Unternehmen vehement. Unter Druck der USA haben viele Verbündete die Verwendung von Huawei-Geräten beim Aufbau von 5G-Netzwerken der nächsten Generation verboten oder eingeschränkt und sich dabei auf die nationale Sicherheit berufen. Die neue US-Regierung betrachtet Huawei auch als Sicherheitsbedrohung und will mit seinen Verbündeten zusammenarbeiten, um deren Telekommunikationsnetze zu sichern.


   Huawei verliert in Europa an Strahlkraft 

Länder, die solche Beschränkungen erlassen haben oder in Erwägung ziehen - darunter Australien, Großbritannien und mehrere andere europäische Länder - umfassen mehr als 60 Prozent des weltweiten Marktes für Mobilfunkgeräte, wie Pongratz erklärt. Mehr als 25 europäische Telekommunikationsanbieter seien in den vergangenen Jahren von Huawei zu einem anderen Anbieter gewechselt. Nachdem Großbritannien die 5G-Ausrüstung von Huawei verboten hatte, sagte beispielsweise die britische BT Group, dass sie ihre Huawei-Ausrüstung ersetzen würde. Dieses Prozedere dürfte schätzungsweise 700 Millionen Dollar kosten. Nokia punktet dabei als größter Infrastrukturanbieter. "Die Bemühungen der US-Regierung haben den Aufstieg von Huawei gebremst", meint Pongratz. "Sie fangen an, etwas zu bewirken."


   USA wollten Ericsson und Nokia in Schutz nehmen 

Huaweis Aufstieg an die Spitze der Telekommunikationsindustrie während des vergangenen Jahrzehnts beunruhigte die US-Regierung. Sie sorgte sich darum, dass die Firma ihre größten nicht-chinesischen Rivalen, Ericsson und Nokia, aus dem Geschäft drängen könnte. Die Bedenken waren so groß, dass der damalige Generalstaatsanwalt William Barr vergangenes Jahr mit dem Gedanken spielte, dass Washington womöglich in Ericsson und Nokia investieren könne.

In China legen dagegen die Umsätze von Huawei zu. Auf das Unternehmen entfiel im vergangenen Jahr die Hälfte der chinesischen 5G-Ausrüstungsaufträge, während der kleinere chinesische Rivale ZTE mit 29 Prozent als Nummer 2 mitspielt, so Edison Lee, ein Telekommunikationsanalyst bei Jefferies. Ericsson kam auf 12 Prozent. Der chinesische Markt bietet Huawei große und zuverlässige Kunden. Einige wichtige ausländische Märkte, vor allem Deutschland, bleiben für Huawei-Geräte offen.

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March 09, 2021 04:41 ET (09:41 GMT)