Bis der Realitystar Kim Kardashian Facebook und Instagram den Rücken kehrt, muss einiges passieren.

Doch nun schloss sich die US-Amerikanerin, der auf Instagram 188 Millionen Menschen folgen, der von Bürgerrechtlern im Sommer gegründeten Initiative "Stopp Hate for Profit" an. "Über soziale Medien verbreitete Falschinformationen haben einen erheblichen Einfluss auf unsere Wahlen und untergraben unsere Demokratie", schrieb Kardashian und ließ ihre Follower einen Tag auf den Plattformen allein.

Facebook, zu dem auch Whatsapp und Instagram gehören, will seit der letzten Präsidentschaftswahl vor vier Jahren den Ruf abschütteln, mit "Fake News" und gestohlenen Daten könnten über das weltgrößte Internetzwerk Wahlen beeinflusst werden. 2018 war der Skandal ans Licht gekommen, bei dem Facebook die Daten von Millionen von Nutzern an die Analysefirma Cambridge Analytica weiterreichte, die diese dann für Werbung im US-Wahlkampf nutzte. Danach griff Facebook tief in die Taschen, führte neue Regeln sein, engagierte Tausende Mitarbeiter zur Überprüfung von Inhalten und setzte auf automatisierte Kontrollen von Posts. "Die Netzwerke selber sind viel sensibilisierter, was Desinformationen und Fake News angeht. Sie haben Systeme geschaffen, dies schneller zu erkennen und von den Plattformen zu verbannen", sagte Politikwissenschaftler Erik Meyer, der das Buch "Zwischen Partizipation und Plattformisierung. Politische Kommunikation in der digitalen Gesellschaft" geschrieben hat.

INTRANSPARENZ WEITERHIN ALLTAG

Trotzdem hegen viele Zweifel, ob die Maßnahmen ausreichen, um Falschinformationen im Rennen zwischen Amtsinhaber Donald Trump und Herausforderer Joe Biden einzudämmen. "Was Facebook genau alles in den vier Jahren behauptet, getan zu haben, das weiß nur Facebook, ob dem wirklich so ist. Es ist noch immer der intransparenteste der großen Internetkonzerne", sagt Alexander Sängerlaub, Projektleiter "Stärkung digitaler Öffentlichkeit" bei der Stiftung Neue Verantwortung.

Einige Schritte kommen jetzt erst zum Tragen, weil die Abstimmung am 3. November näher rückt. So wird es diesmal nicht möglich sein, in der Woche davor neue Wahlwerbung zu schalten, wie das Unternehmen ankündigte, das mit seinen 2,7 Milliarden Nutzern auf ein Drittel der Weltbevölkerung kommt. "Prinzipiell finde ich es sehr gut, dass man nun versucht, an verschiedenen Hebeln das Problem Desinformation auch auf Facebook einzuhegen", sagt Politikberater Martin Fuchs. Für Vanita Gupta, Chefin der Bürgerrechtsgruppe Leadership Conference on Civil and Human Rights, ist es ein Eingeständnis. Facebook habe erkannt, dass man in der besonders heißen Phase mit dem Prüfen von Inhalten nicht mehr hinterherkommen werde. Mit der Beschränkung der Wahlwerbung in der letzten Woche vor der Entscheidung erkenne Facebook an, "dass sie nicht immer schnell genug sind", sagte Gupta, die wie andere Vertreter der Zivilgesellschaft Facebook bei den Vorbereitungen für die Wahlen beraten hat. Allein die Faktenchecks bei den täglichen Meldungen Trumps - beispielsweise rund um die Briefwahl oder Covid-19, wie sie Facebook und Twitter inzwischen vornimmt - binden zahlreiche Kräfte.

Demokraten wie auch Republikaner betreiben - gerade in der Corona-Krise - einen Großteil ihres Wahlkampfes wie auch das Sammeln von Spenden über soziale Medien. "Facebook bietet eine große Reichweite bei der US-Wählerschaft und die Möglichkeit, spezifische Zielgruppen sehr genau mit politischer Kommunikation zu adressieren", sagt Meyer. Aber der letzte Schrei ist das 2004 gegründete Unternehmen auch nicht mehr. Laut Politikberater Fuchs führten die Einschränkungen bei Facebook dazu, das Trump seine Werbestrategie stark auf YouTube ausgerichtet hat und dort viel mehr Geld für Wahlwerbung sowie exklusive Inhalte ausgibt als noch 2016. Zudem ließen sich bestimmte Zielgruppen nur noch oder besser auf Tik Tok, YouTube, Twitch oder in Online-Spielen wie Nintendos Animal Crossing, wo Biden eine Kampagne gestartet hat, erreichen.

Obwohl Falschinformationen und Hassrede in der Öffentlichkeit immer häufiger thematisiert werden, ist die Datenlage dünn. "Die Plattformen versprechen und berichten viel, es kann aber derzeit kaum einer prüfen, ob sie ihre 'Versprechen' auch halten, weil die Datenzugänge, um das zu tun, für Zivilgesellschaft und Journalismus fehlen", kritisiert Sängerlaub.