VEVEY (dpa-AFX) - Der Lebensmittelriese Nestle hat im ersten Quartal vor allem dank erhöhter Preise deutlich mehr Geschäft gemacht als erwartet. Der Konzern will angesichts anziehender Kosten für Rohstoffe und Logistik die Preise auch weiter anheben. "Die Kosteninflation steigt weiterhin kräftig an, weshalb im Verlauf des Jahres weitere Preisanpassungen und eindämmende Maßnahmen erforderlich sein werden", sagte Konzernchef Mark Schneider am Donnerstag laut Mitteilung. Die Jahresziele für das Wachstum und die Profitabilität behielt das Management bei. Die Aktie des Stoxx-Europe-50-Schwergewichts legte in den ersten Handelsminuten zu.

Der Umsatz kletterte in den Monaten Januar bis März im Vorjahresvergleich um 5,4 Prozent auf 22,2 Milliarden Schweizer Franken (21,6 Mrd Euro), wie das Unternehmen in Vevey mitteilte. Das war den Angaben zufolge ein Wachstum aus eigener Kraft - also ohne Wechselkurseffekte und Zu- wie Verkäufe von Unternehmensteilen - in Höhe von 7,6 Prozent. Analysten hatten im Schnitt nur mit 5,5 Prozent gerechnet.

Russland rechnet der Konzern aus dem organischen Wachstum mittlerweile heraus, merkte aber an, dass das Wachstum inklusive der Region noch höher gelegen hätte. Nach deutlicher Kritik hatte Nestle sich im März darauf geeinigt, in Russland künftig nur noch wichtige Waren wie Babynahrung oder medizinische Ernährung verkaufen zu wollen. Unter anderem Marken wie Kit Kat und Nesquik verschwinden damit ebenfalls aus den Supermarktregalen in dem Land.

Vor allem die um 5,2 Prozent erhöhten Verkaufspreise des weltgrößten Nahrungsmittelkonzerns gaben bei der Umsatzentwicklung Schub, das Mengenwachstum lag bei 2,4 Prozent. Bei den Preisanpassungen sei Nestle "verantwortungsvoll" vorgegangen, sagte Schneider. Die Nachfrage seitens der Verbraucher sei weiter vorhanden. Die Preiserhöhungen im ersten Quartal spiegelten den Kostendruck wider, hieß es vom Konzern. Am stärksten fielen sie in Nordamerika aus, in Europa nur etwa halb so hoch. Auch der französische Rivale Danone hatte zu Jahresbeginn die Preise spürbar erhöht und damit sein Umsatzwachstum angetrieben.

Die Nestle-Aktie gewann im frühen Handel bis zu 1,94 Prozent auf 124,16 Franken und näherte sich wieder dem Anfang des Jahres erreichten Rekordhoch von knapp 130 Franken. Das Papier hat den Rückschlag durch den Ausbruch des Ukraine-Kriegs inzwischen gut verdaut und notiert über dem Niveau vor dem Einmarsch der Russen in das Nachbarland am 24. Februar. Seit dem Start des früheren Fresenius-Konzernchefs Mark Schneider an der Spitze des Nahrungsmittelkonzerns Anfang 2017 gehört das Papier zu den gefragtesten europäischen Standardwerten. Der Börsenwert legte seitdem um rund 70 Prozent zu. Mit einem Börsenwert von umgerechnet etwas mehr als 330 Milliarden Euro ist Nestle derzeit das wertvollste börsennotierte Unternehmen Europas.

Für Analyst Martin Deboo von der US-Investmentbank Jefferies stellte sich in einer ersten Einschätzung die Frage, wieso die Schweizer angesichts der starken Umsatzentwicklung ihre Prognose nicht erhöht haben. Sowohl im Einzelhandel als auch im sogenannten Außer-Haus-Geschäft unter anderem mit der Gastronomie habe der Konzern stark abgeschnitten. James Edwardes Jones von der kanadischen Bank RBC verwies darauf, dass neben den Preiserhöhungen auch das Mengenwachstum stärker ausgefallen sei als gedacht - obwohl die Vergleichszahlen aus dem Vorjahr eine hohe Hürde gelegt hätten.

Nestle verwies auf hohe prozentual einstellige organische Wachstumsraten bei Kaffee (Nescafe, Starbucks-Produkte, Nespresso), Süßwaren legten zweistellig zu. Auch bei Heimtierprodukten (Purina, Fancy Feast) gab es ein kräftiges Plus. Wasserprodukte (S. Pellegrino, Perrier) konnten organisch ebenfalls im zweistelligen Bereich wachsen, was auch an der Erholung von Geschäften mit der Gastronomie lag. Allerdings hatte der Konzern einige Wassergeschäfte verkauft, was die Umsätze in der Kategorie insgesamt deutlich schrumpfen ließ.

Säuglings- und Babynahrung - darunter Milchpulver - wuchsen aus eigener Kraft im mittleren einstelligen Prozentbereich, getragen von besseren Geschäften in Nord- und Südamerika sowie Europa. Vor allem in China tut sich der Konzern aber weiter schwer mit den Produkten für Kleinkinder, hier sanken die entsprechenden Erlöse. Nestle versucht weiter gegenzusteuern. Insgesamt sanken in China die Preise damit sogar leicht. Regional erzielte Nestle die größten organischen Umsatzzuwächse in Latein- und Nordamerika.

Im laufenden Jahr peilt Nestle weiter ein organisches Umsatzwachstum von rund 5 Prozent an. Die um Sondereffekte bereinigte operative Ergebnismarge soll bei 17 bis 17,5 Prozent liegen. Der bereinigte Gewinn je Aktie soll zu konstanten Wechselkursen zulegen./men/zb/jha/