Vevey (awp) - Nestlé ist im vergangenen Geschäftsjahr 2019 so schnell gewachsen wie seit 2015 nicht mehr. Zudem verdiente der Nahrungsmittelkonzern auch mehr. Weiterhin mit hohem Tempo will Nestlé zudem den Umbau seines Portfolios vorantreiben. Allerdings gibt sich der Konzern mehr Zeit für sein mittelfristiges Wachstumsziel.

Nestlé wuchs 2019 aus eigener Kraft um 3,5 Prozent, wie der weltgrösste Nahrungsmittelhersteller am Donnerstag mitteilte. Die 3,5 Prozent setzten sich zusammen aus einem Mengenwachstum (RIG) von 2,9 Prozent und Preissteigerungen von 0,6 Prozent. Der Gesamtumsatz stieg derweil um 1,2 Prozent auf 92,6 Milliarden Franken.

Hunde- und Katzenfutter zieht

Vor allem in den USA konnte Nestlé punkten. Wachstumstreiber - in den USA, aber auch weltweit - waren die Heimtierprodukte von Purina. Auch Kaffee habe eine gute Dynamik verzeichnet, unterstützt durch die hohe Nachfrage nach Starbucks-Produkten, die bislang in über 40 Ländern eingeführt worden seien, heisst es. Insgesamt hätten Starbucks-Produkte im Jahr 2019 einen zusätzlichen Umsatz von über 300 Millionen Franken generiert. Vegetarische und pflanzliche Lebensmittel wie pflanzliche Burger hätten ein starkes zweistelliges organisches Wachstum und einen Umsatz von nahezu 200 Millionen Franken erzielt.

Kaum vorwärts ging es dagegen bei der Wasser-Sparte. Hier hat Nestlé bereits einen Umbau angekündigt, das Geschäft soll neu ab dem laufenden Jahr nicht mehr global geführt, sondern innerhalb der Zonen. Nestlé kündigte nun zudem an, weitere Massnahmen zu ergreifen. Überhaupt wolle man sich entschlossen den Geschäftsbereichen annehmen, die unter den Erwartungen lägen.

Margenziel erreicht

Operativ machte der Hersteller von Nespresso-Kaffee, Cailler-Schokolade und Buitoni-Pizza weitere Fortschritte, so dass ihm eine kräftige Margensteigerung gelang. Vom Umsatz blieben 17,6 Prozent als bereinigter operativer Gewinn übrig, das sind 60 Basispunkte mehr als noch im Vorjahr. Das Mittelfristziel bis 2020 von 17,5 bis 18,5 Prozent wurde damit wie erwartet bereits ein Jahr früher erreicht.

Das bereinigte operative Ergebnis erhöhte sich dementsprechend um 4,8 Prozent auf 16,3 Milliarden Franken. Restrukturierungskosten werden dabei jeweils herausgerechnet. Diese Kosten und sonstige Nettoaufwendungen nahmen um über 850 Millionen auf 2,6 Milliarden Franken zu. Grund dafür seien hauptsächlich Goodwill-Abschreibungen bei der chinesischen Marke Yinlu gewesen, hiess es. Das operative Ergebnis inklusive dieser Kosten sank um 0,8 Prozent auf 13,7 Milliarden Franken.

Unter dem Strich blieben 12,6 Milliarden Franken als Reingewinn, fast ein Viertel mehr als im Vorjahr. Verschiedene Verkäufe - der grösste unter ihnen der Verkauf der Hautpflegesparte Skin Health für 10,2 Milliarden Franken - spülten mehr Geld in die Firmenkasse. Werden Zukäufe abgezogen, verkaufte Nestlé Unternehmensteile im Gesamtwert von 10,4 Milliarden Franken.

Dividende von 2,70 Franken

Die Aktionäre sollen über eine Dividende von 2,70 Franken nach 2,45 Franken im Vorjahr von dem Gewinn profitieren. Das ist die 25. Dividendenerhöhung in Folge. Nestlé sei bestrebt, an dieser Praxis festzuhalten. "Unsere Aktionäre können sich auf einen nachhaltigen und steigenden Kapitalrückfluss verlassen", sagte CEO Mark Schneider in der Mitteilung.

Mit den vorgelegten Zahlen erfüllte Nestlé die Erwartungen der Finanzgemeinde knapp. Von der Nachrichtenagentur AWP befragte Analysten hatten im Schnitt einen Umsatz von 93,3 Milliarden Franken bei einem organischen Wachstum von 3,6 Prozent, eine EBIT-Marge von 17,7 Prozent sowie einen Reingewinn von 12,3 Milliarden Franken erwartet. Zudem rechneten sie mit einer Dividende von 2,68 Franken pro Aktie.

Für das laufende Jahr gibt sich Nestlé zurückhaltender als bisher. Neu wird noch eine weitere Steigerung beim organischen Wachstum erwartet. Bislang hatte Nestlé ein organisches Wachstum im mittleren einstelligen Bereich in Aussicht gestellt. Für 2021/2022 werde dann aber eine anhaltende Beschleunigung in Richtung eines mittleren einstelligen Wachstums erwartet. Nestlé sei auf dem Weg hin zum Ziel eines mittleren einstelligen Wachstums, versicherte Schneider gegenüber Journalisten. "Wir brauchen einfach ein oder zwei Jahre länger."

Weiterer Umbau

Die operative Marge soll sich kontinuierlich verbessern. Zudem soll es auch Steigerungen sowohl beim Gewinn je Aktie zu konstanten Wechselkursen als auch bei der Kapitaleffizienz erwartet. Die Restrukturierungskosten werden auf rund 500 Millionen Franken veranschlagt.

Noch zu früh sei es derweil, um die finanziellen Auswirkungen des Ausbruchs des Coronavirus zu beziffern. China sei der zweitgrösste Markt für Nestlé, rund 8 Prozent der Gruppenumsätze würden dort erwirtschaftet.

Zudem versprach Schneider, das Tempo beim Konzernumbau hochzuhalten. In den letzten drei Jahren entsprach die Portfoliotransformation 12 Prozent des Umsatzes von 2017. "Sie können fest davon ausgehen, dass wir in den nächsten drei Jahren da ein vergleichbares Aktivitätslevel haben werden."

tt/uh