Zürich (awp) - Der Nahrungsmittelkonzern Nestlé publiziert am Mittwoch, 21. Oktober die Zahlen zu den ersten neun Monaten 2020. Insgesamt haben sieben Analysten zum AWP-Konsens beigetragen.

9Mte 2020E
(in Mio Fr.)           AWP-Konsens          9Mte 2019A    

Umsatz                    61'644              68'367          



Q3 2020E                                      Q2 2020A

(in %)
Organisches Wachstum        2,6                 1,3            

FOKUS/ZIELE: Investoren sehen Nestlé nach neun Monaten gut auf Kurs. Da bei den ungeraden Quartalen keine Gewinnzahlen bekannt gegeben werden, liegt der Fokus auf der Umsatzentwicklung. Hier dürften zwar negative Währungseffekte und Verkäufe von Unternehmensteilen die ausgewiesenen Zahlen drücken. Jedoch interessieren sich Analysten sowieso mehr für die organische Umsatzentwicklung, die solche Effekte herausrechnet.

Und organisch dürfte sich das Wachstum im dritten gegenüber dem zweiten Quartal beschleunigt haben, weiter angetrieben vom Gesundheitsgeschäft mit Nestlé Health Science sowie der Heimtiersparte. Das im ersten Quartal durch Hamsterkäufe angekurbelte Wachstum (+4,3%) hatte sich im zweiten Quartal auf noch 1,3 Prozent verlangsamt. Die am Montag vorgelegten Zahlen von Konkurrent Danone deuten daraufhin, dass auch das dritte Quartal schwierig geblieben sein dürfte.

Für das Gesamtjahr hat Nestlé mit den Halbjahreszahlen ein Umsatzwachstum von 2 bis 3 Prozent in Aussicht gestellt. Der eher konservative Ausblick beruhe auf dem aktuellen Wissenstand über die Covid-19-Entwicklungen und gehe von keiner wesentlichen Verschlechterung der aktuellen Lage aus, hielt Nestlé fest. Konkurrenten wie Danone oder Unilever hatten bereits früher ihre Guidance aufgrund der Unsicherheiten im Zuge der Pandemie ersatzlos zurückgezogen.

Insgesamt sei Nestlé auf Kurs, für das Gesamtjahr ein Wachstum am oberen Ende der in Aussicht gestellten Bandbreite von 2 bis 3 Prozent zu liefern, meinen die Experten. Allenfalls könnte Nestlé den Ausblick diesbezüglich noch präzisieren. Eine Anhebung über 3 Prozent erwarten sie aber nicht, dürfte doch das Ausser-Haus-Geschäft weiter leiden und das Timing des chinesischen Neujahrs die Umsätze im Schlussquartal bremsen. Mittelfristig sehen die Analysten Nestlé gut positioniert, um in den nächsten Jahren das Ziel einer mittleren einstelligen Wachstumsrate zu erreichen. Dies auch dank dem fortlaufenden Unternehmensumbau mit Zu- und Verkäufen.

PRO MEMORIA:

M&A: Nestlé kommt beim geplanten Umbau mit Zu- und Verkäufen weiter voran. So wurde erst vor wenigen Tagen die Übernahme der US-Firma Aimmune Therapeutics abgeschlossen. Das Unternehmen soll das Portfolio von Nestlé Health Science (NHSc) im Bereich Lebensmittelallergie stärken und das Spektrum an Lösungen für Kinder, die an einer Lebensmittelallergie leiden, erweitern.

Die Gesundheitssparte hat Nestlé zuletzt auch mit Zukäufen etwa der US-Unternehmen IM Health Science und Vital Proteins verstärkt. Nestlé hat zudem wiederholt bekräftigt, weiter zukaufen zu wollen.

Auch bei den Verkäufen geht es weiter vorwärts. Hier steht derzeit das Wassergeschäft im Fokus. Dieses zählt eigentlich zu den Produktkategorien, die Nestlé als wachstumsstark definiert hat. Doch diesen Anspruch hat die Sparte schon länger nicht einlösen können. Um das zu ändern, setzt Nestlé auf bekannte Premium-Marken wie Perrier oder San Pellegrino. Im Gegenzug hat Nestlé die Wassersparte in Nordamerika ins Schaufenster gestellt. Bis Anfang 2021 soll eine entsprechende strategische Prüfung abgeschlossen sein. Einem Bericht der Agentur Reuters zufolge von letzter Woche wurde der Verkaufsprozess vor kurzem gestartet. Pure Life, Poland Spring und eine Reihe weiterer Marken könnten rund fünf Milliarden Dollar einbringen. Bereits verkauft wurde Ende August das chinesische Wassergeschäft.

TRENDS: Nestlé hat seinen fleischlosen Burger von "Incredible Burger" in "Sensational Burger" umbenennen müssen. Der Lebensmittelkonzern hat vor dem Den Haager Bezirksgericht einen Rechtsstreit um die Namensrechte mit dem Unternehmen "Impossible Foods" verloren. Anfang Juli zog Nestlé nun die Namensänderung durch, will aber in Berufung gehen.

Der Lebensmittelmulti will weiter stark mit den pflanzlichen Fleischalternativen wachsen und hat im August sein Sortiment um eine Thunfisch-Alternative auf pflanzlicher Basis erweitert. Auch bei der Milch setzt Nestlé auf pflanzliche Alternativen. Um diese voranzutreiben, hat der Konzern Ende September in seinem Forschungs- und Entwicklungszentrum in Konolfingen einen sogenannten R&D-Accelerator eingeweiht.

AKTIENRÜCKKAUF: Nestlé hat im Januar ein neues Aktienrückkauf-Programm über 20 Milliarden Franken gestartet, das über den Zeitraum von 2020 bis 2022 laufen soll. Per 14. Oktober waren Aktien für knapp 5,4 Milliarden Franken zurückgekauft, wobei im Durchschnitt rund 103 Franken bezahlt wurden. Während das tägliche Rückkaufvolumen während des Corona-Crashs deutlich erhöht war, ging es Nestlé seit dem Sommer wieder etwas ruhiger an.

AKTIENKURS: Die Nestlé-Aktien haben sich als defensiver Titel bislang besser als der Gesamtmarkt geschlagen. Seit Jahresbeginn haben sie um rund 3,5 Prozent zugelegt, während der Leitindex SMI fast genauso viel im Minus steht. Die Titel notieren mit rund 108 Franken aber unter dem Jahreshoch (112,62 Fr.) von Ende Juli bzw. dem Allzeithochs (113,20 Fr.) vom September 2019.

jg/tt