Zürich (awp) - Der Lebensmittelkonzern Nestlé publiziert am Donnerstag, 22. April, die Umsatzzahlen zum ersten Quartal 2021. Zum AWP-Konsens haben insgesamt neun Analysten beigetragen.

Q1 2021E
(in Mio Fr.)             AWP-Konsens     Q1 2020A    

Umsatz                     20'161         20'812          


(in %)                                   Q4 2020A

Organisches Wachstum          3,5           3,9          
Mengenwachstum (RIG)          2,4           3,0          

FOKUS: Analysten erwarten von Nestlé trotz starken Vergleichszahlen einen soliden Jahresauftakt. Da bei den ungeraden Quartalen keine Gewinnzahlen bekannt gegeben werden, liegt der Fokus ganz klar auf den Umsatzzahlen. Dabei steht das organische Wachstum (OG), das sich aus dem Mengenwachstum (RIG) sowie den Preisveränderungen zusammensetzt, im Vordergrund.

Die Vorjahresbasis ist hoch: Vor einem Jahr hatten Hamsterkäufe im März zu Beginn der Coronakrise sowie das Schaltjahr das Umsatzwachstum von Nestlé angekurbelt. Der Konzern hatte daher mit einem starken organischen Wachstum von 4,3 Prozent überrascht. Beide Effekte fallen allerdings dieses Jahr weg. Umgekehrt dürfte Nestlé nun von Verbesserungen in China profitieren. Dort hatte das Geschäft vor einem Jahr stark unter der Coronakrise gelitten, dazu kam ein für das Quartal ungünstiger Zeitpunkt des chinesischen Neujahrs. Dieses befeuert jeweils die Umsätze und findet dieses Jahr wieder etwas später statt - so dass die Verkäufe eher in das erste als in das vierte Quartal fallen.

Analysten rechnen damit, dass das Ausserhaus-Geschäft weiterhin unter der Pandemie leidet, während umgekehrt der für Nestlé deutlich bedeutsamere In-Haus-Konsum weiter zulegen kann. Auch die Zugpferde Heimtierpflege, Kaffee und Gesundheitsprodukte dürften weiterhin das Wachstum ankurbeln. In diesem Zusammenhang können sich Investoren zudem auf mehr Transparenz freuen: Ab diesem Jahr werden Nespresso und Nestlé Health Science als eigenständige Segmente ausgewiesen.

Weiter erwarten die Branchenexperten auch wieder steigende Preise, da Promotionen aus dem Vorjahr wegfallen und die Rohstoffkosten zunehmen. Insgesamt gehen sie davon aus, dass Nestlé auf Kurs für die angepeilte Wachstumsbeschleunigung im Gesamtjahr ist. Die Frage ist nur noch, ob auch die 4-Prozent-Marke beim organischen Wachstum 2021 geknackt werden kann. Viele Analysten rechnen Nestlé dafür gute Chancen aus.

ZIELE: Für das laufende Jahr erwartet Nestlé eine weitere Steigerung beim organischen Umsatzwachstum in Richtung eines mittleren einstelligen Wachstums, wie Nestlé mit den Jahreszahlen im Februar ankündigte. Auch die zugrunde liegende operative Ergebnismarge solle sich "kontinuierlich moderat" verbessern. Dazu werden Steigerungen sowohl beim zugrunde liegenden Gewinn je Aktie zu konstanten Wechselkursen als auch bei der Kapitaleffizienz erwartet.

Mittelfristig peilt Nestlé weiterhin ein mittleres einstelliges Umsatzwachstum an. Bei der operativen Marge soll es eine anhaltende moderate Verbesserung geben.

PRO MEMORIA: M&A: Nestlé hat jüngst seine grössten Verkäufe abgeschlossen: Zuletzt ging Anfang April die Trennung vom nordamerikanischen Wassergeschäft über die Bühne. Die Transaktion, die Pure Life, Poland Spring und eine Reihe weiterer Marken in den USA sowie in Kanada umfasst, hat laut Nestlé einen Wert von 4,3 Milliarden Dollar, wobei die veräusserten Geschäfte 2019 einen Umsatz von rund 3,4 Milliarden Franken erzielt hatten.

Nestlé will sich im Wassergeschäft künftig auf lokales und funktionales Wasser sowie auf Premium-Marken wie Perrier, S.Pellegrino und Acqua Panna konzentrieren. Im Premiumwassergeschäft in den USA expandierte der Konzern Anfang März mit dem Kauf der Wassermarke Essentia. Diese habe 2020 einen Umsatz von 192 Millionen Dollar eingefahren und sei von 2018 bis 2020 jährlich um 30 Prozent gewachsen, hiess es.

Sowieso will Nestlé nun vermehrt zukaufen, wie CEO Mark Schneider jüngst bei verschiedenen Gelegenheiten betonte. Besonders die wachstumsstarken Geschäfte Kaffee, Tierfutter und Nestlé Health Science sollen ausgebaut werden.

Zuletzt sich Nestlé vor allem im Geschäft mit gesunden Fertigmahlzeiten verstärkt. Im Februar übernahm der Konzern etwa den britischen Rezeptset-Anbieter SimplyCook. Und im vergangenen Jahr schluckte Nestlé die US-Firma Freshly sowie das in London ansässige Unternehmen Mindful Chef.

PRODUKTE & TRENDS: Nestlé baut das Geschäft mit pflanzenbasiertem Fleischersatz weiter aus. Anfang April nahm der Konzern ein neues Werk in Malaysia in Betrieb. Nach China ist das bereits die zweite Anlage von Nestlé in Asien, in der entsprechende Lebensmittel auf pflanzlicher Basis hergestellt werden. Auch Nespresso erweitert seine Kapazitäten: Die Nestlé-Kaffee-Tochter baut ihr Produktionszentrum in Avenches weiter aus und investiert dafür 117 Millionen Franken. Dadurch werden bis 2022 50 neue Arbeitsplätze geschaffen.

Nestlé investiert zudem in Nachhaltigkeit und plant, bis 2050 unter dem Strich keine Klimagase mehr auszustossen. Dem dafür aufgestellten Aktionsplan stimmten an der Generalversammlung vom 15. April die Aktionäre in einer Konsultativabstimmung zu. Es war die erste Abstimmung dieser Art. Nestlé ging damit auf Forderungen von Aktionärsvertretern ein. Noch nicht zufrieden mit den Massnahmen des Konzerns ist die Umweltorganisation Greenpeace. Sie forderte das Unternehmen erst jüngst dazu auf, gegen die Plastikflut vorzugehen. Nestlé müsse Einwegverpackungen jeglicher Art vermeiden und auf Mehrweg-Systeme umstellen. Trotz zahlreicher Ankündigungen in den letzten Monaten bleibe die Bilanz von Nestlé im Umgang mit Plastik katastrophal.

L'OREAL: Immer wieder wird über das 23%-Paket von Nestlé am französischen Kosmetikkonzern spekuliert. Der französische Kosmetikkonzern wies letzten Freitag für das zurückliegende erste Quartal ein organisches Umsatzwachstum in Höhe von gut 10 Prozent aus. Wie die Zürcher Kantonalbank daraufhin festhielt, beträgt der Verkehrswert des L'Oréal-Pakets mittlerweile rekordhohe 49 Milliarden Franken. Bei den Westschweizern sei die Beteiligung bloss mit 9 Milliarden Franken in der Bilanz aufgeführt. Angesichts der gestiegenen Bewertungsdiskrepanz würde es Sinn machen, wenn Nestlé ein Teilpaket versilbern und in Übernahmen oder Aktienrückkäufe fliessen lassen würde.

AKTIENRÜCKKAUF: Nestlé hat Anfang 2020 ein neues Aktienrückkauf-Programm über 20 Milliarden Franken gestartet, das bis 2022 laufen soll. Zuletzt gab Nestlé dabei kräftig Gas. Per 13. April waren Aktien für knapp 9,2 Milliarden Franken zurückgekauft, wobei im Durchschnitt rund 102 Franken bezahlt wurden.

AKTIENKURS: Die Nestlé-Aktien hinken dem Leitindex SMI seit einiger Zeit hinterher. Während der SMI seit Jahresbeginn um 4,5 Prozent zugelegt hat, ging es mit dem Nestlé-Kurs nur um 2,2 Prozent bergauf. Zuletzt konnten die Aktien wieder vermehrt punkten. Derzeit notieren sie bei rund 106 Franken. Bis zum Allzeithoch von 113,20 Franken fehlt allerdings noch ein gutes Stück.

Homepage: www.nestle.com

ab/tt/uh