Von Carol Ryan

ZÜRICH (Dow Jones)--Die Corona-Krise hat unter den globalen Nahrungsmittelkonzernen einige überraschende Gewinner hervorgebracht, wie etwa Kraft Heinz. Nestle trumpfte im Vergleich dazu weniger spektakulär auf, die Entwicklung könnte sich aber als nachhaltiger erweisen.

Am Dienstag meldete der Schweizer Konzern für 2020 ein Umsatzwachstum von 3,6 Prozent auf Basis konstanter Wechselkurse im Vergleich zum Vorjahr. Das war weniger als die Spanne von 4 bis 6 Prozent, die CEO Mark Schneider für dieses Jahr anpeilt. Vergangene Woche veröffentlichte Kraft Heinz eine Wachstumsrate von beeindruckenden 6,5 Prozent. Die Konsumenten wenden sich wieder den bekannten Marken zu, die in den vergangenen Jahren etwa außer Mode geraten waren.

Die Pandemie hat sich für Nestle bislang als zweischneidiges Schwert erwiesen. Rund ein Sechstel des Umsatzes ist auf Produkte wie Schokoriegel zurückzuführen, die die Kunden meist außerhalb der eigenen vier Wände zu sich nehmen. Die Nachfrage in diesem Teil des Geschäfts sackte um 30 Prozent ab. Im Bereich Tiernahrung waren die Trends positiv, hier stiegen die Erlöse um mehr als 10 Prozent. Die Kaffee-Marken zeigten sich ebenfalls widerstandsfähig.

Die Furcht, dass die ökonomische Krise die Verbraucher eher zu günstigeren Marken wechseln lässt, hat sich bisher nicht bewahrheitet. Der Umsatzanteil, den Nestle mit Premiumprodukten wie Nespresso-Kaffee und Purina-Tierfutter erzielt, hat sich 2020 auf 30 Prozent von 26 Prozent im Vorjahr erhöht. Die starke Nachfrage nach diesen hochpreisigeren Waren glich schwächere Erlöse bei anderen Marken aus.


   Nestle muss beim Thema Nachhaltigkeit nachsitzen 

Der Konzern steht dieses Jahr vor Herausforderungen. Wie der französische Wettbewerber Danone ist Nestle auf dem Markt für Babymilch in China aktiv. Die Geburtenrate Chinas fiel vergangenes Jahr um 15 Prozent, es wird also auch weniger Babynahrung gebraucht. Außerdem nehmen lokale Firmen den internationalen Marken Marktanteile ab.

Wie alle Konsumgüterkonzerne muss auch Nestle bei seinen Nachhaltigkeitszielen Fortschritte machen, um Kunden und Aktionäre bei der Stange zu halten. Fonds, die auf Basis von Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien investieren, haben vergangenes Jahr laut Bank of America 194 Milliarden US-Dollar eingesammelt. Nestle ist nach diesen Daten die am meisten untergewichtete Aktie in Europa für diese Fonds. Ein Problem ist der Beitrag des Konzerns zum Plastikmüll.

Nestles Wachstum ist selten Grund zu ausufernder Freude, aber das ist womöglich das, was Nestle so attraktiv macht. Seit CEO Schneider Ende 2017 seine Strategie vorgelegt hat, hat die Aktie stabile jährliche Anlegerrenditen von 11 Prozent in Dollar geliefert. Procter & Gamble schnitt mit 13 Prozent zwar besser ab, die Renditen bei Kraft Heinz und Danone waren in dem Zeitraum dagegen negativ.

Nestle ist aktiv in attraktiven Kategorien wie Tiernahrung, Kaffee und Nahrungsergänzung: Produkte, für die es in den kommenden Jahren nach weniger Gegenwind aussieht als für verarbeitete Lebensmittel.

Die jüngsten Wachstumszahlen lassen Namen wie Kraft Heinz verführerisch aussehen, aber Nestle könnte sich als die gesündere Langfrist-Wette erweisen.

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February 18, 2021 09:59 ET (14:59 GMT)