MÜNCHEN (awp international) - Kursverluste bei Aktien und anderen Wertpapieren haben dem Rückversicherer Munich Re im zweiten Quartal einen Gewinnrückgang eingebrockt. Weil das Kerngeschäft gut läuft, peilt Vorstandschef Joachim Wenning am Dienstag bei der Zahlenvorlage für dieses Jahr aber weiter einen Überschuss von 3,3 Milliarden Euro an. Dabei trüben die hohe Inflation, die Abkühlung der Wirtschaft und der Krieg in der Ukraine weiter die Aussichten. Und der jüngste Anstieg der Zinsen belastet die Ergebnisse des Konzerns, auch wenn sie ihm vor allem in der Lebensversicherung auf längere Sicht helfen dürften.

An der Börse wurden die Nachrichten nach anfänglicher Verunsicherung positiv aufgenommen. Die Munich-Re-Aktie gewann bis zur Mittagszeit 1,4 Prozent an Wert auf 231,52 Euro und war damit Spitzenreiter im Dax . Seit dem Jahreswechsel hat das Papier damit noch knapp zwölf Prozent eingebüsst.

Analysten erkannten in den Quartalszahlen Licht und Schatten. So fiel der operative Gewinn des Konzerns deutlich niedriger aus als am Markt erwartet, wie Branchenexperte Kamran Hossain von der US-Bank JPMorgan anmerkte. Sein Kollege Philip Kett vom Analysehaus Jefferies zeigte sich von der Kapitalausstattung positiv überrascht. So verbesserte sich die Solvenzquote der Munich Re von Ende Dezember bis Ende Juni von 227 auf 252 Prozent.

Im zweiten Quartal verdiente die Munich Re 770 Millionen Euro und damit gut 30 Prozent weniger als ein Jahr zuvor, wie sie am Morgen in München mitteilte. Damit schnitt der Konzern immer noch besser ab als von Analysten im Mittel erwartet. Die Prämieneinnahmen wuchsen um acht Prozent auf 15,85 Milliarden Euro und damit noch etwas stärker als gedacht. Die Belastungen durch Grossschäden fielen überraschend niedrig aus - obwohl der Konzern weitere 90 Millionen Euro für mögliche Folgen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine zurücklegte. Damit hat er bisher rund 200 Millionen Euro für Versicherungsfälle rund um den Krieg reserviert.

Allerdings brachen die Gewinne aus Kapitalanlagen infolge der Abschreibungen im zweiten Quartal überraschend stark um fast die Hälfte auf 971 Millionen Euro ein. Auch das operative Ergebnis sackte in der Folge um gut die Hälfte ab. Dass der Rückgang unter dem Strich geringer ausfiel, verdankte die Munich Re vor allem dem erstarkten US-Dollar. So brachten veränderte Währungskurse dem Konzern diesmal 485 Millionen Euro ein, nachdem er hier ein Jahr zuvor 116 Millionen Euro verloren hatte.

Im ersten Halbjahr verdiente die Munich Re unter dem Strich knapp 1,4 Milliarden Euro, fast ein Fünftel weniger als ein Jahr zuvor. Dass der Gewinn im Gesamtjahr dennoch von zuletzt 2,9 auf 3,3 Milliarden Euro steigen soll, begründete Wenning mit überraschend geringen Grossschäden und einer erfreulichen Entwicklung im Kerngeschäft.

So baut die Munich Re ihr Vertragsvolumen in der Rückversicherung weiter aus. Bei der jüngsten Erneuerung der Verträge im Schaden- und Unfallgeschäft habe der Konzern dabei bereinigt um Risiko und Inflation 0,1 Prozent höhere Preise erzielt, sagte Finanzchef Christoph Jurecka in einer Telefonkonferenz. Dabei sei eine recht hohe angenommene Inflationsrate herausgerechnet. Mit der Inflation werden auch viele Schäden teurer, für die Versicherer geradestehen müssen.

Überrascht wurde die Munich Re wie andere Marktteilnehmer zuletzt vom schnellen Anstieg des Zinsniveaus in vielen Ländern. In der Folge schrumpften die stillen Reserven in ihren Büchern deutlich. Das Eigenkapital sackte in diesem Zuge von Ende Dezember bis Ende Juni sogar um fast ein Viertel auf 23,5 Milliarden Euro nach unten.

Wirtschaftlich seien höhere Zinsen allerdings gut für Versicherer, sagte Wenning. Bei der Munich Re profitierten davon vor allem die klassischen Lebensversicherungsverträge der Düsseldorfer Konzerntochter Ergo. Das Unternehmen hatte alte Vertragsbestände der Töchter Ergo Leben und Victoria Leben vor einigen Jahren in die interne Abwicklung geschickt und führt sie noch bis zum Ablauf weiter. Im Neugeschäft spielt die klassische deutsche Lebensversicherung mit Garantiezins infolge der jahrelangen Niedrigzinsen keine Rolle mehr.

Lange galt Ergo als Sorgenkind des Munich-Re-Konzerns. Inzwischen läuft das Unternehmen nach Wennings Worten allerdings "wie ein Uhrwerk". Die Tochter erfülle ihre Ziele praktisch in jedem Quartal. Der frühere Allianz-Manager Markus Riess hatte Ergo im Jahr 2016 einen gründlichen Umbau verordnet. Seither haben sich die Ergebnisse deutlich verbessert. Im zweiten Quartal verdiente Ergo 160 Millionen Euro und damit drei Prozent mehr als ein Jahr zuvor./stw/mne/jha/