MÜNCHEN (awp international) - Der Rückversicherer Munich Re rechnet angesichts der jüngsten Naturkatastrophen mit steigenden Preisen für Rückversicherungsschutz. Die grossen Ereignisse wie das Hochwasser in Deutschland, die Hurrikans in den Vereinigten Staaten sowie die Wald- und Buschbrände in den USA und Australien dürften das Prämienniveau im Katastrophengeschäft im kommenden Jahr nach oben treiben, sagte Vorstandsmitglied Torsten Jeworrek am Dienstag in einer Videokonferenz.

Auch in anderen Segmenten der Schaden- und Unfall-Rückversicherung rechnet der Manager bei der anstehenden Vertragserneuerung mit Erstversicherern wie Allianz und Axa zum Jahreswechsel mit mindestens stabilen Preisen. Eine genauere Prognose wollte Jeworrek nicht abgeben. Allerdings erwartet er, dass das Prämienvolumen in der Rückversicherungsbranche in den Jahren 2021 bis 2023 inflationsbereinigt um jährlich drei Prozent zunimmt. Auch die Ratingagentur Moody's geht von weiteren Zuwächsen aus.

Normalerweise trifft sich die weltweite Rückversicherungsbranche jedes Jahr im September mit Kunden in Monte Carlo, um die Konditionen für die anstehende Erneuerungsrunde zum 1. Januar auszuloten. Wegen der Corona-Pandemie findet das Treffen wie schon 2020 nur online statt.

Branchenexperten zufolge muss sich die Branche mit neuen Risikomodellen dafür rüsten, dass Naturkatastrophen in Regionen wüten, in denen man so etwas nicht erwartet hat. Nach der Hochwasserkatastrophe in Deutschland und anderen Ländern rechnet die Munich Re für sich weiter mit einer Belastung in Höhe eines mittleren dreistelligen Millionen-Euro-Betrags. Es gebe hier keine neue Einschätzung, sagte Jeworrek. Der deutsche Versichererverband GDV hatte seine Schätzung für die versicherten Schäden allein in Deutschland zuletzt auf rund sieben Milliarden Euro angehoben.

Wie teuer die Zerstörungen durch Hurrikan "Ida" in den USA die Munich Re zu stehen kommen, wagte Jeworrek nicht vorherzusagen. So sei die Spanne der Schätzungen für die gesamten Schäden derzeit noch zu gross. Der auf Risikoanalysen spezialisierte Versicherungsdienstleister CoreLogic ging zuletzt von versicherten Schäden von 14 bis 21 Milliarden US-Dollar (11,8 bis 17,7 Mrd Euro) aus. Darin sind aber nur die Schäden in Louisiana, Mississippi und Alabama enthalten. "Ida" hatte danach noch in weiteren Teilen der USA hohe Schäden angerichtet, darunter in New York. Auch Schäden im Golf von Mexiko sind in den Summen noch nicht enthalten.

Unterdessen will die Munich Re ihr Geschäft in der Cyber-Versicherung trotz zunehmender Schäden durch sogenannte Ransomware-Attacken weiter vorantreiben. Der Vorstand erwartet, dass sich immer mehr Unternehmen gegen die Folgen von Pannen und Attacken rund um ihre Computersysteme versichern wollen. Die Munich-Re-Führung setzt sich dabei ein "profitables Wachstum" zum Ziel. Allerdings dürfte der Marktanteil des Konzerns langfristig eher sinken, sagte Vorstandsmitglied Stefan Golling. Bisher liegt er laut Konzernangaben bei etwa zehn Prozent.

Wie bei wetterbedingten Naturkatastrophen steht die Versicherungsbranche auch in der Cyberversicherung vor der Herausforderung, die Risiken richtig einzuschätzen und angemessene Prämien zu berechnen. So haben Angriffe auf Computersysteme den Angaben zufolge seit Beginn der Corona-Krise stark zugenommen.

Besonders deutlich hätten Ransomware-Angriffe zugelegt, hiess es. Bei diesen Attacken verschlüsselt der Angreifer die Computersysteme seiner Opfer und fordert Lösegeld, um sie wieder zu entschlüsseln. Die Munich Re verweist auf eine Analyse der Ratingagentur A.M. Best: Derzufolge entfielen im vergangenen Jahr drei Viertel aller Cyber-Schäden auf Ransomware-Attacken.

Erst Anfang Juli griffen Hacker über eine Schwachstelle beim amerikanischen IT-Dienstleister Kaseya Hunderte Unternehmen mit Erpressungs-Software an. Eine von Experten in Russland verortete Gruppe verlangte 70 Millionen Dollar in der Digitalwährung Bitcoin für einen Generalschlüssel zu allen betroffenen Computern. Die gleiche Gruppe hatte bereits hinter dem Angriff auf den weltgrössten Fleischkonzern JBS gesteckt.

Die Munich Re konnte die zuletzt gestiegenen Cyber-Schäden nach eigenen Angaben dank einer strikten Auswahl und einer Streuung der versicherten Risiken gut beherrschen. Ein steigendes Prämienniveau helfe zusätzlich dabei, die Belastungen auszugleichen, hiess es. Das Segment gilt als wichtiger Wachstumsmarkt für die Versicherungsbranche. Für das Jahr 2025 geht die Munich Re von einem branchenweiten Prämienvolumen in Höhe von mehr als 20 Milliarden Dollar aus./stw/nas/jha/