Von Liz Hoffman und David Benoit

NEW YORK (Dow Jones)--Die höheren Boni an der Wall Street stehen unter Vorbehalt. Sie sind nämlich mit einer Warnung verbunden: Gewöhnen Sie sich besser nicht daran. Nach einem glänzenden Jahr 2021 zahlten die fünf größten Investmentbanken 142 Milliarden US-Dollar an Vergütungen aus. Das sind 18 Milliarden Dollar mehr als im Jahr 2020. Die Vergütungen, die an der Wall Street in der Regel eng daran gekoppelt sind, wie viel Geld die Unternehmen einnehmen, stiegen doppelt so schnell wie die Einnahmen. Bei JP Morgan schnellten die Vergütungen für Investmentbanker und Händler um 13 Prozent empor und damit etwa dreimal so stark wie die von ihnen erzielten zusätzlichen Einnahmen. Die Einnahmen der Citigroup gingen im Jahr 2020 sogar leicht zurück und dennoch zahlte das Unternehmen seinen Mitarbeitern 3 Milliarden Dollar mehr aus als im Jahr zuvor.

Goldman Sachs überwies seinen rund 400 Partnern etwa eine halbe Milliarde Dollar in Form von speziellen Aktienprämien, wie mit der Angelegenheit vertraute Personen sagten. Bei Treffen mit ihren Chefs an der Wall Street seien sie in dieser Woche jedoch gewarnt worden, nicht dasselbe für 2022 zu erwarten. Der US-Aktienmarkt hat einen schwierigen Start hinter sich. Es wird erwartet, dass die US-Notenbank Fed die Zinssätze in diesem Jahr mehrmals anhebt, was die Begeisterung der Anleger für hochverzinsliche Anleihen, Aktien von Silicon-Valley-Start-ups und andere große Geldbringer für Banken dämpfen dürfte. Und ein sich abzeichnendes kartellrechtliches Vorgehen in Washington könnte den Fusionsboom bremsen, der im vergangenen Jahr den drei größten US-Banken Rekordgebühren in Höhe von 13,5 Milliarden Dollar einbrachte.


   Erwartungen sollen nichts ins Grenzenlose wuchern 

Die Goldman-Führungskräfte haben sich dafür entschieden, den Partnern einen Sonderbonus zu gewähren, anstatt einfach ihre Standard-Aktienzuteilungen zu erhöhen. Damit soll der Schritt als einmaliges Ereignis verpackt werden und die Erwartungen für die Zukunft nicht ins Grenzenlose ausufern, so die Personen weiter. "In dem Maße, in dem sich das Umfeld im Jahr 2022 ändert, ist dieses Vergütungsmodell sehr variabel", betont der Finanzchef von Goldman. Er signalisierte damit den Aktionären, dass die Großzügigkeit des Unternehmens eine einmalige Sache war.

Selbst der Pomp des Bonustages fehlte dieses Jahr. Da die Büros der Banken wegen der Pandemie immer noch spärlich besetzt sind, gab es weniger kollektive Zeugen für das jubelnde Stolzieren oder das verzagte Schlurfen der Mitarbeiter, die frisch über ihre Beute informiert wurden. Und da New York wegen der Omikron-Variante immer noch gedämpfter Stimmung ist, gab es auch weniger feierliche Ausgaben, die normalerweise den Anlass kennzeichnen. Vor einem Jahr saßen die Banken ebenfalls auf höheren Gewinnen. Allerdings waren sie bei den Gehältern geiziger. Sie wollten die Erholung der Wirtschaft abwarten und waren auf die Optik bedacht, wenn sie Angestellte belohnten, die sich in Ferienhäuser zurückgezogen hatten, während zahlreiche andere US-Amerikaner ihre Arbeit oder ihr Leben durch die Pandemie verloren. Diesmal stehen die Unternehmen unter dem Druck, den Wohlstand zu teilen. Bankangestellte mussten mit ansehen, wie ihre Gehälter stagnierten, während ihre ehemaligen Kollegen und frischgebackenen Hochschulabsolventen ihr Vermögen in Bitcoin, Spacs und Meme-Aktien fanden.


   Private Equity umgarnt Investmentbanker mit Traumgehältern 

"Es ist verrückt, wie heiß der Arbeitsmarkt läuft", sinniert Alan Johnson, ein Berater, der Finanzunternehmen bei der Gestaltung ihrer Gehaltsprogramme hilft. "Es gibt Krypto, es gibt Technologie", sagt er, und es gibt den allgegenwärtigen "Sirenengesang von Private Equity", der weitaus mehr zahlt als die Banken. Laut Michael Bucella, der seinen Goldman-Job 2017 für Blocktower Capital - eine Krypto-Investmentfirma - an den Nagel hing, melden sich viele ehemalige Kollegen bei ihm. "Es ist wie, 'Ich bin in Miami, lass uns zu Abend essen, und übrigens, hier sind drei Jobangebote, die ich in Betracht ziehe'," berichtet er. Krypto "bietet eine Entschädigung und einen Grad an Furore, den die Banken einfach nicht bieten können."

Trotzdem versuchen die Banken mitzuhalten. Die Vergütung als Prozentsatz der Einnahmen bei den fünf größten Unternehmen ist von 33 Prozent auf 35 Prozent gestiegen, wo sie seit zwei Jahren gelegen hatte. Das bedeutet, dass die Banker, Händler, Software-Ingenieure und Portfoliomanager 9 Milliarden Dollar zusätzlich einnahmen, die andernfalls an die Aktionäre hätten gehen oder in neue Kredite oder technologische Verbesserungen investiert werden können. Jefferies schenkte ihren jüngsten Mitarbeitern unter anderem ein Peloton-Fahrrad.


   Reichlich Investmentbanker leiden unter Burnout 

Die Aktien, die Goldman nach Rekordeinnahmen von 59 Milliarden Dollar im Jahr 2021 seinen Partner schenkt, werden schneller unverfallbar als die grundlegenden Aktienzuteilungen des Unternehmens, berichten mit der Angelegenheit vertraute Personen. Das macht die Aktien wertvoller und konkurrenzfähiger zu den Aktien, die von Technologieunternehmen und einigen Boutique-Banken ausgegeben werden und die schnell und mit wenigen Verkaufsbeschränkungen verfügbar sind. Die Ausschüttungen kommen nach einem erfolgreichen Jahr, das den Banken Rekordeinnahmen bescherte, aber auch zu einem weit verbreiteten Burnout unter ihren Mitarbeitern führte. Laut Johnson sollten seine Kunden keine Dankbarkeitsbekundungen erwarten. "Egal wie viel man ihnen zahlt, die Leute glauben, dass sie bei all dem Stress, den sie durchgemacht haben, mehr verdient haben." Bei JP Morgan war der Bonuspool für Investmentbanker etwa ein Drittel höher als im Jahr 2020, sagte ein Insider. Aktienhändler erhielten nach einem Rekordjahr in diesem Segment höhere Auszahlungen, und auch die Boni für Händler von festverzinslichen Wertpapieren, deren Erträge gegenüber dem Höchststand von 2020 zurückgegangen waren, fielen insgesamt höher aus.

Bei JP Morgan war der Bonuspool für Investmentbanker etwa ein Drittel höher als im Jahr 2020, sagte eine mit der Angelegenheit vertraute Person. Aktienhändler erhielten nach einem Rekordjahr in diesem Segment höhere Auszahlungen, und auch die Boni für Händler von festverzinslichen Wertpapieren, deren Erträge gegenüber dem Höchststand von 2020 zurückgegangen sind, fielen insgesamt höher aus. JP Morgan räumte seinen jüngeren Mitarbeitern diese Woche zum zweiten Mal innerhalb von sieben Monaten eine Gehaltserhöhung ein und hob die Grundgehälter auf das Niveau der Konkurrenz an. Banker im ersten Jahr verdienen nun 110.000 Dollar pro Jahr, gegenüber 85.000 Dollar zu Beginn des Jahres 2021, so eine mit der Angelegenheit vertraute Person. Associates, die nächste Stufe auf der Karriereleiter und in der Regel drei Jahre im Berufsleben, erhielten diese Woche eine Gehaltserhöhung um 25.000 Dollar auf 175.000 Dollar. Ihr Chef, CEO Jamie Dimon, erhielt derweil eine Gehaltserhöhung von 3 Millionen Dollar. Sein Gesamtgehalt beträgt 34,5 Millionen Dollar.

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January 21, 2022 04:20 ET (09:20 GMT)