Von Dan Gallagher

WASHINGTON (Dow Jones)--Der Softwaregigant Microsoft veröffentlichte am Dienstagabend seine Ergebnisse für das erste Quartal des Geschäftsjahres. Der starke Lauf des Unternehmens nahm damit seine Fortsetzung. Laut Factset übertraf der Umsatz das elfte Quartal in Folge die Konsensprognose der Wall Street. Alle Segmente des Unternehmens lagen über den Erwartungen - sogar jenes, das eng mit dem Verkauf von Personal Computern verbunden ist, obwohl der PC-Markt in letzter Zeit deutlich rückläufig war. Die Ergebnisse verhalfen der Microsoft-Aktie am Mittwochnachmittag zu einem Kursanstieg von mehr als fünf Prozent, nachdem sie im Jahresverlauf bereits über 40 Prozent zugelegt hatte.

Auf dem aktuellen Niveau steht Microsoft kurz davor, Apple als wertvollstes Unternehmen der Welt zu überholen, wobei beide einen Marktwert von etwas mehr als 2,4 Billionen US-Dollar haben. Microsofts letzte längere Phase als wertvollstes Unternehmen der Welt fand in den frühen 2000er Jahren statt, als das Geschäft hauptsächlich aus dem Windows-Betriebssystem und der Office-Software-Suite bestand. Der jüngste Erfolg des Unternehmens beim Aufbau eines boomenden Cloud-Computing-Geschäfts erinnert an diese Zeit. Microsofts Geschäftsjahr, das im Juni endete, war das vierte in Folge mit zweistelligem Umsatzwachstum. Eine solche Leistung hatte es seit dem Geschäftsjahr 2004 nicht mehr gegeben. Die jährliche Betriebsmarge überschritt zum ersten Mal seit dem Geschäftsjahr 2001 die 40 Prozent-Schwelle.

Dann gibt es noch eine weitere Parallele, die allerdings ein wenig beunruhigend ist: Die Microsoft-Aktie wird jetzt zum 35-fachen des voraussichtlichen Gewinns gehandelt. Das letzte Mal, dass sich die Aktie über einen längeren Zeitraum auf diesem Niveau bewegte, war im Jahr 2002. Das war bevor sie aufgrund einer Reihe von Faktoren, darunter die anhaltenden Auswirkungen eines von der Regierung betriebenen Kartellverfahrens und strategischer Fehler wie das Verpassen der Smartphone-Revolution, eine zehn Jahre dauernde Talfahrt erlebte. Ein Beispiel: Im Jahr 2002 war der Marktwert von Microsoft 40 Mal so hoch wie der von Apple. Nur acht Jahre später hatte der iPhone-Hersteller Microsoft überholt.


   Microsoft ist in starker Position 

Microsoft ist heute zweifellos in einer viel besseren Position. Die entschlossene Hinwendung zur Cloud kam zwar etwas später als bei Amazon, aber Microsoft holte schnell auf. Microsofts Cloud-Computing-Service Azure hat bereits 61 Prozent der Größe von Amazon Web Service (AWS) auf der Basis der nachlaufenden Zwölf-Monats-Umsätze erreicht. Vor fünf Jahren waren es 30 Prozent. Und Azure steht nur für einen Teil von Microsofts Cloud-Geschäft. Die Microsoft-Cloud-Sparte, die Azure und Anwendungen wie Office 365, Dynamics 365 und Teile von LinkedIn umfasst, erwirtschaftete einen Umsatz von fast 75 Milliarden US-Dollar in den letzten zwölf Monaten, verglichen mit geschätzten 56,6 Milliarden US-Dollar bei AWS. Microsoft Cloud verzeichnete in den letzten acht Quartalen ein durchschnittliches jährliches Wachstum von 34 Prozent, während der Durchschnitt von AWS bei 32 Prozent lag.

Ein Vorteil, der Microsoft im Vergleich zum Cloud-Erzrivalen fehlt, ist die Lizenz zum Geldausgeben. Amazon, das derzeit einen Marktwert von 1,7 Billionen US-Dollar besitzt, hat seine Aktionäre lange darauf konditioniert, die häufigen "Investitionsphasen" des Unternehmens mitzutragen. Dabei wurden Milliarden für den Aufbau von Rechenzentren, Liefersystemen und sogar Hollywood-Filmen ausgegeben. Infolgedessen bewegen sich die Betriebsmargen von Amazon trotz einiger Verbesserungen im Laufe der Jahre seit langem im niedrigen einstelligen Bereich. Im Gegensatz dazu erwartet die Wall Street, dass die Betriebsmarge von Microsoft zumindest in den nächsten drei Jahren bei über 40 Prozent liegen wird, obwohl das Unternehmen im kostspieligen Cloud-Rennen mithalten muss.

Was Microsoft dabei auch lernt: Ein Unternehmenswert von 2,4 Billionen US-Dollar ist nicht umsonst zu haben.

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October 28, 2021 04:15 ET (08:15 GMT)