Von Dan Gallagher

NEW YORK (Dow Jones)--Microsoft geht mit seinem rekordverdächtigen Übernahmeangebot für den Videospielgiganten Activision Blizzard eine große Wette ein. Befürchtungen, dass das 69-Milliarden-Dollar-Geschäft von den Aufsichtsbehörden durchkreuzt werden könnte, sind in diesem Zusammenhang aber wohl übertrieben.

Dahingehende Befürchtungen haben dazu geführt, dass die Activision-Aktie seit Ankündigung der Übernahme in der vergangenen Woche mit einem erheblichen Abschlag auf den Übernahmepreis gehandelt wird. Am Mittwoch ging sie bei 78,78 Dollar aus dem Handel - das sind 17 Prozent weniger als der von Microsoft angebotene Barpreis von 95 Dollar und noch ausgeprägter als der 13-prozentige Kursverlust am Tag der Microsoft-Ankündigung.

Preisunterschiede sind bei großen Transaktionen mit langen Abschlussfristen nicht außergewöhnlich, aber in dieser Höhe scheint die Differenz dann doch übertrieben. Nuance Communications, von Microsoft im vergangenen April ins Visier genommen, wies in den vergangenen drei Monaten an der Börse durchschnittlich nur einen Abschlag von 1,5 Prozent auf den Barpreis der Offerte auf, obwohl Microsoft Ende Oktober warnte, dass der Abschluss des 19,7-Milliarden-Dollar-Geschäfts wohl länger dauern würde als geplant. Am Dienstagabend kam von Microsoft dann die Nachricht, der Nuance-Deal dürfte wohl bis Ende März über die Bühne gehen.


 Klar gibt es Risiken ... 

Natürlich gibt es im aktuellen Fall Risiken. Washington ist bei Big-Tech-Geschäften in erhöhter Alarmbereitschaft, und da die Activision-Transaktion mehr als dreimal so groß ist wie die mit Nuance, wird sie zweifelsohne mehr Aufmerksamkeit der Wettbewerbshüter auf sich ziehen. Aber die Regulierer werden es schwer haben nachzuweisen, dass Microsoft durch den Kauf von Activision eine unverhältnismäßige Kontrolle über den Videospielemarkt bekommt. Der Softwareriese erwirtschaftete im Kalenderjahr 2021 etwas mehr als 16 Milliarden Dollar im Spielegeschäft. Activision hat im selbem Zeitraum geschätzte 8,7 Milliarden Dollar umgesetzt. Das entspricht nach Schätzungen von Newzoo weniger als 14 Prozent der weltweiten Gesamtausgaben für Videospiele im vergangenen Jahr.

Microsoft selbst hat schon darauf hingewiesen, das fusionierte Unternehmen werde nur an dritter Stelle auf dem Videospielemarkt stehen, hinter dem chinesischen Internetriesen Tencent und der japanischen Sony Group. Da sich die US-Politik derzeit eher darauf konzentriert, US-Tech-Konzerne gegenüber ausländischen Konkurrenten zu stärken, ist dieser Hinweis ein cleveres Manöver. Überdies sendet Microsoft erste Signale, dass das Portfolio mit Blockbuster-Spielen von Activision nicht nur zum Vorteil der eigenen Xbox-Plattform ausgerichtet wird. Vielmehr sollen die bestehenden Spieleverträge von Activision eingehalten werden. Bloomberg berichtete am Dienstag, dass diese Verträge Playstation-Versionen der nächsten drei Teile der populären Spielereihe Call of Duty vorsehen.


 ... aber Microsoft hat kluge Signale gesetzt 

Ein solcher Schritt von Microsoft mag kontraintuitiv wirken. Schließlich könnte Exklusivität von Activision-Titeln der Xbox-Spielekonsole theoretisch helfen, besser mit der Konkurrenzkonsole von Sony zu konkurrieren. Aber Microsofts Vision eines Cloud-fähigen Spieleangebotes, das verschiedene Endgeräte umfasst, gibt dem Unternehmen den relativen Luxus, an dieser Stelle flexibel zu agieren. Auch ist Microsoft nicht in die vielen jüngsten politischen Kontroversen seiner großen Tech-Rivalen verwickelt. Die Tatsache, dass der Deal letztlich einen Wechsel im Management von Activision mit sich bringt, dessen Reputation zuletzt unter Berichten über problematische Verhältnisse am Arbeitsplatz gelitten hat, könnte zusätzliche Pluspunkte bringen.

Das heißt aber nicht, dass es kein Säbelrasseln geben wird. Jason Bazinet von Citi sagte vergangene Woche eine "langwierige kartellrechtliche Prüfung angesichts der verschärften Kontrolle großer Technologieunternehmen" voraus. Er fügte jedoch hinzu, dass der Deal trotzdem eine "relativ hohe Wahrscheinlichkeit der Genehmigung" habe. Auch Mark Moerdler von Bernstein hält den Abschluss angesichts der guten Beziehungen von Microsoft in Washington für "äußerst wahrscheinlich".

"Man muss davon ausgehen, dass Microsoft viel Zeit damit verbracht hat, all dies zu bedenken", sagte Moerdler in einem Interview. Nachdem Microsoft vor mehr als 20 Jahren Versuche der US-Regierung überstanden hat, das Unternehmen komplett zu zerschlagen, hat es gelernt, Washingtons Spiel gut zu spielen.

Kontakt zum Autor: unternehmen.de@dowjones.com

DJG/DJN/rio/uxd

(END) Dow Jones Newswires

January 27, 2022 09:43 ET (14:43 GMT)