München (Reuters) - Der von ungeduldigen Großaktionären zum Verkauf von Firmenteilen gedrängte Fernsehkonzern ProSiebenSat.1 hat noch keine spruchreifen Käufer an der Hand.
In Zusammenarbeit mit Investmentbanken sei der Verkaufsprozess für den florierenden Kosmetikversand Flaconi und das Vergleichsportal Verivox zwar auf dem Weg, sagte Vorstandschef Bert Habets am Donnerstag in einer Telefonkonferenz zur Quartalsbilanz. "Dieser Prozess wird nach der Sommerpause fortgesetzt." Näher wollte sich Habets aber nicht äußern. Für weitere Firmenteile wie die Partnervermittlung Parship gebe es über allgemeine Marktsondierungen hinaus bisher keinen Verkaufsprozess, fügte er hinzu.
Die Großaktionäre MediaForEurope (MFE) und PPF drängen den deutschen Fernsehkonzern seit längerem, Randaktivitäten jenseits von Fernsehen und Unterhaltung abzustoßen. Sie hatten auf der Hauptversammlung den Druck erhöht und gegen den Willen des Managements eigene Kandidaten im Aufsichtsrat installiert. Ein Antrag zur Vorbereitung einer Konzernaufspaltung verfehlte die nötige Dreiviertelmehrheit nur knapp. Nach Ansicht der Investoren geht Habets bei der Trennung von Firmenteilen zu zögerlich vor. Die von der italienischen Familie Berlusconi kontrollierte MFE hatte zuletzt Zugriff auf knapp unter 30 Prozent an ProSiebenSat.1, die tschechische PPF-Gruppe auf rund 15 Prozent.
Flaconi zählte im zweiten Quartal zu den Wachstumstreibern von ProSiebenSat.1. Der Konzernumsatz stieg um 4,5 Prozent auf 907 Millionen Euro und der Betriebsgewinn (Adjusted Ebitda) um 14,4 Prozent auf 91 Millionen Euro. Das Gewinnplus sei auch auf das Kostensenkungsprogramm des vergangenen Jahres zurückzuführen, erklärte ProSiebenSat.1. Am stärksten wuchs die Sparte Commerce & Ventures, zu der Flaconi und Verivox gehören. Der Spartenumsatz stieg um 17 Prozent auf 197 Millionen Euro. Besonders Flaconi sei deutlich gewachsen. Verivox habe sich in einem stabilen Marktumfeld weiter positiv entwickelt.
ProSiebenSat.1 hatte Insidern zufolge erste Informationen über Flaconi und Verivox an mögliche Kaufinteressenten übermitteln lassen. Branchenexperten hatten als mögliche Bewertungen für Verivox 400 bis 500 Millionen Euro und für Flaconi 270 Millionen Euro genannt. Habets wollte sich dazu am Donnerstag nicht äußern.
Rückläufig war das Geschäft der Sparte Dating & Video um die Partnervermittlung Parship. Der Spartenumsatz schrumpfte im Quartal um neun Prozent auf 98 Millionen Euro. ProSiebenSat.1 sprach von einem herausfordernden und sehr wettbewerbsintensiven Marktumfeld. Im Kerngeschäft mit Sendern wie ProSieben, Sat.1 und Kabel 1 sowie der Online-Plattform Joyn stieg der Umsatz um drei Prozent auf 612 Millionen Euro. Habets bekräftigte die Geschäftsprognose für das Gesamtjahr. Demnach erwartet ProSiebenSat.1 einen Umsatz in einer Größenordnung von 3,95 Milliarden Euro und einen Betriebsgewinn im Bereich von 575 Millionen Euro.
(Bericht von Jörn Poltz, redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com)