DARMSTADT (awp international) - Der Pharma- und Spezialchemiekonzern Merck KGaA braucht weiterhin einen langen Atem. Erst im kommenden Jahr rechnen die Darmstädter mit einer Rückkehr zu profitablem Wachstum, wie Konzernchef Stefan Oschmann am Mittwoch zur Vorlage der Quartalsbilanz in Darmstadt erneut bekräftigte. Jedoch drückt der Schuh, weil negative Wechselkurseffekte zunehmend belasten. Zwar traut sich der Dax-Konzern inzwischen mehr Umsatz zu, stellt sich aber vor allem wegen der anhaltenden Abwertung lateinamerikanischer Währungen auf einen womöglich stärkeren Ergebnisrückgang im Jahr 2018 ein als bisher. Im frühen Handel geriet die Aktie mit minus 1,5 Prozent unter Druck. Ein Händler sprach am Morgen in einer ersten Reaktion von weniger schlimm als befürchteten Kennziffern.

Das um Sonderposten bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda pre) dürfte nun 2018 auf 3,7 bis 3,9 Milliarden Euro zurückgehen - nach 4,25 Milliarden im Vorjahr. Zuvor hatte Merck noch 3,75 bis 4 Milliarden Euro in Aussicht gestellt. Die Erlöse sollen im Gesamtjahr nun bei 14,4 bis 14,8 Milliarden Euro herauskommen, nach 14,5 Milliarden im Vorjahr. Bisher hatte das Management 14,1 bis 14,6 Milliarden Euro anvisiert.

Im dritten Quartal kletterten die Umsätze im Jahresvergleich um 6,6 Prozent auf 3,7 Milliarden Euro. Das bereinigte Ebitda rutschte belastet durch Währungseffekte um knapp 6 Prozent auf 963 Millionen Euro ab, organisch legte das Ergebnis aber um knapp 4 Prozent zu. Merck trifft die Krise in einigen lateinamerikanischen Ländern: Vor allem der argentinische Peso und der brasilianische Real hätten deutlich mehr an Wert verloren als erwartet. Mit beiden Kennziffern konnte Merck die Erwartungen der Analysten jedoch toppen.

Unter dem Strich halbierte sich der Gewinn nahezu auf 340 Millionen Euro - allerdings hatte Merck im Vorjahr hier einen hohen Sondereffekt durch den Verkauf des Geschäfts mit biopharmazeutisch hergestellten Arzneien an den Fresenius-Konzern realisiert.

Von Juli bis September dieses Jahres hatten vor allem das brummende Laborgeschäft, aber auch die Pharmasparte die Umsätze angetrieben. Merck profitierte vor allem von prozentual zweistelligen Wachstumsraten im Geschäft mit Fertilitätsprodukten und dem Diabetes-Medikament Glucophage, während die Umsätze mit dem wichtigsten früheren Kassenschlager Rebif (Multiple Sklerose, MS) weiter zurückgehen. Die Erlöse mit den neuen Hoffnungsträgern Bavencio (Krebs) und Mavenclad stiegen deutlich, tragen bislang aber noch vergleichsweise wenig zum Gesamtumsatz der Sparte bei.

Auch das aktuell in der Umbauphase steckende Geschäft mit Spezialmaterialien konnte etwas zulegen, ebenfalls getragen von wieder anziehenden organischen Wachstum im zuletzt kriselnden Geschäft mit Flüssigkristalltechnologien. Die Flüssigkristalle zur Verwendung etwa in Displays von Smartphones und Fernsehern profitierten aktuell von der Nachfrage von Panel-Herstellern in China, die Produktionskapazitäten aufbauten, erläuterte Merck.

Die Flüssigkristalle hatten in der jüngsten Vergangenheit geschwächelt, weil chinesische Konkurrenz den Marktführer Merck attackierte. Die Darmstädter hatten daraufhin dem übergeordneten Geschäftsbereich für Spezialmaterialien eine Neuaufstellung verordnet. Spartenchef Kai Beckmann will den Bereich nun zu einem führenden Lieferanten für die Elektronikindustrie machen./tav/mne