Von Charley Grant

NEW YORK (Dow Jones)--Den starken Daten für das neu entwickelte und noch nicht zugelassene Medikament gegen Covid-19 nach zu urteilen, haben Merck & Co. sowie sein Partner Ridgeback Biotherapeutics anscheinend einen wichtigen Schlag gegen die Pandemie gelandet. Die Veröffentlichung beflügelte auch den Merck-Aktienkurs und hat das Zeug dazu, auch den angeschlagenen Biotech-Sektor an der Börse wieder in Schwung bringen.

Merck und Ridgeback teilten kürzlich mit, dass ihr oral einzunehmendes Arzneimittel Molnupiravir das Risiko von Tod und Krankenhausaufenthalts bei Patienten mit leichtem bis mittelschwerem Covid-19 um etwa 50 Prozent senkt. Beide Unternehmen wollen in den nächsten Wochen eine Notfallzulassung bei der US-Gesundheitsbehörde FDA beantragen. Merck glaubt bis zum Jahresende ausreichend Tabletten für die Behandlung von 10 Millionen Patienten herstellen zu können und 2022 noch mehr.


 Corona dürfte lange ein Problem bleiben 

Das ist eine gute Nachricht für alle, die in nächster Zeit ein gut gefüllte Büros oder Schulen betreten. Auch dürfte die Aussicht auf eine wirksame Behandlung der Krankheit angeschlagenen Branchen wie dem Reise- und dem Gastgewerbe Auftrieb geben. Schließlich sind die Impfzahlen in den USA und vielen anderen Ländern auf ein kleines Rinnsal zurückgegangen, und zugleich ist klar geworden, dass das Virus nicht so bald verschwinden wird.

Medikamente, die zur Behandlung von Neuinfektionen geeignet sind, noch bevor die Patienten das Krankenhaus erreichen, werden daher dringend gebraucht. Und obwohl es bei geimpften Menschen nur selten zu Krankenhausaufenthalten kommt, könnte für ältere Menschen und andere Risikogruppen im Falle einer Durchbruchsinfektion doch ein wirksames Präparat nötig sein.

Derweil sind noch andere Arzneimittel in der Entwicklung. Firmen wie Pfizer und Roche, die in Zusammenarbeit mit Atea Pharmaceuticals an einem eigenen Mittel arbeiten, dürften in naher Zukunft Daten dazu vorlegen.

Covid-19-Medikamente werden wahrscheinlich auch an der Wall Street zu den Gewinnern gehören. Die Aktie von Merck & Co schnellte als Reaktion auf die guten Daten am Freitag um etwa 10 Prozent in die Höhe, während die von Atea um 27 Prozent zulegte. Bei diesem Höhenflug handelt es sich nicht nur um einen Goldrausch von schwindelfreien Anlegern. Mehr als ein Drittel des Umsatzes von 11,4 Milliarden US-Dollar machte Merck im zweiten Quartal mit seinem Blockbuster-Krebsmedikament Keytruda. Und Anleger sind in der Regel vorsichtig bei Arzneimittelherstellern, die einen sehr hohen Umsatzanteil allein mit einem Produkt erzielen.

Für den Fall, dass die US-Behörden das Medikament zulassen, hat sich die Regierung bereit erklärt, Merck 1,7 Millionen Behandlungseinheiten für 1,2 Milliarden Dollar abzunehmen, das wären etwa 700 Dollar pro Einheit.


 Hoffen auf einen Schub für Biotech-Firmen 

Mit Molnupiravir und der am Donnerstag bekannt gegebenen 11,5-Milliarden-Dollar-Übernahme von Acceleron Pharma verfügt Merck nun über mutmaßliche Blockbuster-Medikamente zur Behandlung von Covid-19 sowie von seltenen Krankheiten wie pulmonaler arterieller Hypertonie. Mit dem 15-fachen des für 2021 prognostizierten bereinigten Gewinns ist die Merck-Aktie kaum teuer.

Die positive Nachricht zum antiviralen Wirkstoff gegen Covid-19 könnte verschiedenen Biotech-Aktien dringend benötigten Schub geben. Ein breiter Index von Biotechnologiewerten hat in diesem Jahr bisher 12 Prozent verloren und verlor am Ende der Vorwoche erneut an Boden, da Aktien anderer Arzneimittelhersteller mit Covid-19-Präparaten stark abverkauft wurden.

Aber in dieser Ecke des Aktienmarktes kann eine Dosis euphorischer Stimmung starke Wirkung erzielen. Derselbe Index kletterte nämlich in den drei Monaten, nachdem die Arzneimittelhersteller im vergangenen Herbst erstmals positive Daten zu Covid-19-Impfstoffen im Spätstadium der Entwicklung veröffentlicht hatten, um etwa 50 Prozent. Eine Erholung wird noch wahrscheinlicher, sollten jüngste Bemühungen in Washington, die Arzneimittelpreise zu zügeln, im Sande verlaufen.

Tatsächlich ist jetzt ein günstiger Zeitpunkt für die Pharmafirmen, die Öffentlichkeit an die Schlüsselrolle zu erinnern, die sie im Kampf gegen die Pandemie gespielt haben. Abgesehen von den Medikamentenpreisen kann das, was gut für Merck ist, auch gut für die USA sein. Mindestens gilt das für Medikamente gegen Covid-19.

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October 04, 2021 05:08 ET (09:08 GMT)