Von Carol Ryan

NEW YORK (Dow Jones)--Bei den von den Reichen gekauften Luxusgütern ist die Inflation viel höher als bei täglichen Lebensmitteleinkäufen. Trotz dieser verlockenden Absicherung reißen die Anleger den Börsenmaklern Luxusaktien derzeit nicht aus den Händen.

Luxusgüter haben einen Vorteil gegenüber anderen Konsumgütern: Wenn Spitzenmarken mehr Geld verlangen, kann ihr Design sie für statusbewusste Käufer begehrenswerter machen. Dies verleiht der Branche den Ruf, Anlegern einen effektiven Inflationsschutz zu bieten. So ist etwa in den vergangenen vier Jahrzehnten der Forbes-Cost-of-Living-Extremely-Well-Index, der die Preise von Waren und Dienstleistungen wie Luxushandtaschen, teuren Uhren und Immobilienverwaltungsgebühren erfasst, jährlich um 5 Prozent gestiegen. Derweil legte der US-Verbraucherpreisindex um 3 Prozent zu.

Die Luxusunternehmen haben sich während der Pandemie besonders aggressiv verhalten. Laut einer Jefferies-Analyse beliebter Handtaschen von Marken wie Louis Vuitton und Prada erhöhten sie ihre Preise im Jahr 2021 um durchschnittlich 10,7 Prozent und lagen damit deutlich über dem Anstieg des Verbraucherpreisindex von 7 Prozent. Die Preise für Luxusgüter stiegen in diesem Jahr bisher um weitere 10,3 Prozent. Dieser Trend dürfte das Umsatzwachstum und die Gewinnspannen ankurbeln, wenn die Luxusmarken diesen Monat ihre Ergebnisse für das zweite Quartal vorlegen.


   Steigende Zinsen und Verlangsamung Weltwirtschaft dämpfen Nachfrage 

Aber ihre Aktien sind aus der Mode gekommen. Die Aktien großer europäischer Luxusunternehmen haben in diesem Jahr im Durchschnitt fast 30 Prozent ihres Wertes eingebüßt und damit sowohl den S&P 500 als auch den MSCI Europe-Index an Verlusten übertroffen. Die soliden Namen des Sektors - LVMH, Kering und Richemont - werden beim Vielfachen ihrer künftigen Gewinne nahe ihrer Tiefststände vom März 2020 gehandelt.

Um die Anleger wieder anzulocken, müssten die Luxusmarken eine anhaltend starke Nachfrage durch die chinesischen Verbraucher nach der Aufhebung der Covid-19-Beschränkungen sowie robuste Umsätze bei europäischen und US-amerikanischen Verbrauchern vorweisen. Angesichts steigender Zinsen und einer Verlangsamung der Weltwirtschaft ist dies allerdings alles andere als eine sichere Sache.


   Luxusgütermarkt ist ein großes Geschäft geworden 

Die Branche hat die Finanzkrise 2008 gut gemeistert. Nach einem Rückgang von 8 Prozent im Jahr 2009 verbesserten sich die Umsätze im Luxussegment in den folgenden drei Jahren um durchschnittlich 12 Prozent, wie Daten von Bain & Company zeigen. Die Erholung wurde jedoch durch einen massiven Zustrom chinesischer Verbraucher begünstigt, auf die 2008 nur etwa 15 Prozent der weltweiten Luxusausgaben entfielen, so Jefferies.

Heute ist der Markt reifer und die meisten Marken haben bereits Dutzende von Geschäften in China. Das globale Luxusgeschäft ist auch viel größer - nach Schätzungen von Bain werden die Umsätze 2022 um 80 Prozent über dem Niveau von 2008 liegen - was weiteres Wachstum zu einer größeren Herausforderung macht. Der Umgang Pekings mit der Pandemie wird ebenfalls die Ausgaben weltweit beeinflussen. "Wenn China seine Null-Covid-Politik weiter durchsetzt, steigt die Wahrscheinlichkeit einer globalen Rezession", sorgt sich Luca Solca, Luxusanalyst bei Bernstein.

Ein Großteil des Markenwachstums in Europa und den USA im vergangenen Jahr kam von weniger wohlhabenden Verbrauchern. Sie konnten während der Lockdowns ungewöhnlich hohe Ersparnisse anhäufen oder staatliche Konjunkturprogramme in Anspruch nehmen. In den USA haben sich die Käufe von Luxusgütern durch Verbraucher, die weniger als 50.000 US-Dollar im Jahr verdienen, 2021 gegenüber 2019 verdoppelt, wie Daten der Bank of America zeigen. Diese Käufer beginnen bereits, sich zurückzuziehen.


   Second-Hand-Verkäufe kommen Luxuskonzernen in die Quere 

Auch der Handel mit Luxusgütern aus zweiter Hand ist heute weiter entwickelt als noch im Jahr 2008. Wiederverkaufs-Marktplätze wie Vestiaire Collective bieten den Kunden eine einfache Möglichkeit, ihre Preise zu senken, wenn die Preise für neue Waren klettern, ohne dass die Marken selbst davon finanziell profitieren.

Die Anleger sind zu Recht skeptisch gegenüber niedrigen Gewinnmultiplikatoren, wenn die Gewinne sinken könnten. Zwar mögen die Preise für Luxusgüter weiter steigen, aber Luxusaktien sind eine gänzlich andere Sache.

Kontakt zur Autorin: unternehmen.de@dowjones.com

DJG/DJN/axw/uxd

(END) Dow Jones Newswires

July 05, 2022 10:46 ET (14:46 GMT)