Von Carol Ryan

LONDON (Dow Jones)--Für eine Branche, die traditionell vom Tourismus und dem Optimismus der Verbraucher abhängig ist, haben sich viele Luxusmarken während der Pandemie überraschend gut geschlagen. Allerdings haben die Käufer bald mehr Auswahl, wo sie ihr Geld ausgeben.

Das weltgrößte Luxusunternehmen LVMH hat den Umsatz in den drei Monaten bis März um bemerkenswerte 30 Prozent im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Jahres 2020 gesteigert, wenn die Auswirkungen von Wechselkurs- und Portfolioänderungen herausrechnet werden. Das ist nicht nur der Effekt eines Basiseffekts der Pandemie, die Anfang letzten Jahres über die Welt fegte: LVMH gab auch bekannt, dass der Umsatz im ersten Quartal um 8 Prozent gegenüber dem gleichen Zeitraum des pandemiefreien Jahres 2019 gestiegen ist.

Die Zahlen, die die Prognosen der Analysten leicht übertrafen, ließen die in Paris notierte Aktie am Mittwoch leicht steigen. Die relativ bescheidene Reaktion folgt auf steile Zuwächse in den letzten Monaten, die den Konzern zum wertvollsten börsennotierten Unternehmen Europas gemacht haben, eine Position, die lange vom Schweizer Lebensmittelriesen Nestle besetzt war.

LVMH hat während der Krise gut gewirtschaftet. Es nutzte die starke Nachfrage nach seinen Waren in Asien, wo der Umsatz im ersten Quartal um 86 Prozent stieg. Das Unternehmen verhandelte die Mieten in seiner angeschlagenen Reiseeinzelhandelssparte neu und gab Geld für Marketing aus, als die Konkurrenten ihre Ausgaben reduzierten.

Aber auch die mangelnde Auswahl der Verbraucher hat dem Unternehmen Auftrieb gegeben. Die Schließung von Hotels, teuren Restaurants und ein Einbruch bei internationalen Reisen bedeutete, dass wohlhabende Käufer gezwungen waren, eher Waren als Dienstleistungen zu konsumieren. Das Management sieht Teile des Geschäfts auch vom fiskalischen Stimulus profitieren: Die Amerikaner gaben üppig für ihre Cognac- und Champagnermarken aus, was zu einem Gesamtwachstum von 23 Prozent in den USA im ersten Quartal beitrug.

Es gibt immer noch viel Bargeld in den Portmonees. Die Sparquote in den USA lag im Februar bei 13,6 PProzent, verglichen mit 8,3 Prozent im Vorjahresmonat, so das Bureau of Economic Analysis. Auch in Europa sind die Sparquoten aufgrund von Lockdowns gestiegen. Das Risiko für teure Handtaschen besteht darin, dass die Käufer mehr Auswahl haben, wie sie sich von ihrem Geld trennen, wenn die Wirtschaft sich wieder öffnet.

Europas Top-Luxusunternehmen, LVMH, Kering, Hermès und Compagnie Financière Richemont, haben den düsteren Vorhersagen vor einem Jahr getrotzt, dass die Branche lange brauchen würde, um sich zu erholen. Das Problem für neue Investoren ist, dass die Aktien zu einer Zeit auf Rekordniveau stehen, in der andere Branchen sich erholen könnten. Luxusmarken stehen derzeit bei den Verbrauchern höher im Kurs als es ihnen zusteht.

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April 15, 2021 03:56 ET (07:56 GMT)