Zürich (awp) - Lonza-Präsident und Interims-CEO Albert Baehny sieht kein Problem mit der hohen Bewertung der Aktie. "Investoren haben realisiert, dass Lonza zur richtigen Zeit am richtigen Ort steht. Es gibt wenige Firmen, die aktuell ein qualitativ derart hochwertiges Wachstum liefern können", sagte er im Interview mit dem Finanzportal "The Market".

Die Erwartungen seien zudem nicht bloss wegen Covid-19 und der Impfstoff-Partnerschaft mit Moderna hoch. Der Markt für die Auftragsfertigung der Pharma- und Biotechindustrie wachse, und Lonza sei gut positioniert.

Lonza sei optimistisch, dass der Impfstoff funktioniere. Das Unternehmen erhalte das grüne Licht der US-Gesundheitsbehörde FDA, was bedeute, dass die Risiken des Impfstoffs deutlich kleiner seien als der Nutzen. "Die FDA wird es sich nicht erlauben können, ein Sicherheitsrisiko einzugehen. Wir auch nicht", sagte Baehny. Eine Erfolgswahrscheinlichkeit könne er aber nicht geben. Die Resultate der klinischen Phase I von Moderna seien jedoch sehr gut.

Lonza rechnet mit OK der FDA bis Ende Jahr

Die FDA dürfte nach Einschätzung von Baehny bis Ende Jahr für zirka drei Impfstoffe grünes Licht geben. Dann beginne die industrielle Produktion.

Abgesehen von dem in Russland zugelassenen Impfstoff seien derzeit mit dem von Moderna sechs Impfstoffe in der klinischen Phase III. Erste Vorab-Daten lägen Ende November oder Anfang Dezember vor. Zudem stünden noch zwölf Impfstoffe in der klinischen Phase II, und weitere elf in der klinischen Phase I.

Das Risiko für Lonza sei dabei sehr gering. Sollte der Impfstoff aus irgendeinem Grund nicht freigegeben werden, dann könne Lonza die eigens für die Zusammenarbeit mit Moderna erstellte Produktionslinie für andere mRNA-Wirkstoffe benutzen.

Angaben zu Umsatz und Gewinn aus der Moderna-Kooperation machte Baehny aber nicht. "Wir wissen noch nicht, ob der Impfstoff die Zulassung erhält, und wir wissen auch noch nicht, wann die Produktion im grossen Stil beginnen kann."

Für Lonza sei nicht bloss der mögliche Umsatz mit dem Impfstoff wichtig. Lonza habe mit mRNA eine neue Technologieplattform, und eine Kooperation auf zehn Jahre mit dem weltbesten mRNA-Spezialisten.

Zu den weiteren Aussichten des Konzerns sagte Baehny, im Bereich Pharma und Biotech wolle Lonza über dem Markt, dessen Potenzial von Analysten auf 6 bis 8 Prozent im Jahr schätzen, wachsen. Im Kapselgeschäft mit 1 Milliarde Franken Umsatz würden geringere Zuwachsraten von 2 bis 3 Prozent erwartet.

Lonza behalte das Kapselgeschäft. Es sei gesund und die Margen attraktiv. Aber Synergien mit den Aktivitäten in der Auftragsfertigung gebe es "ehrlich gesagt" nicht. Lonzas Kerngeschäft sei künftig eindeutig die Auftragsfertigung für die Pharma- und Biotechindustrie. "Und biotechnisch hergestellte Arzneimittel werden nun einmal nicht in Kapselform eingenommen."

Wachstum durch Akquisitionen

Einzige Lücke im Portfolio sei der Bereich Fill-and-Finish, bei dem die Wirkstoffe mit anderen Lösungen zum fertigen Medikament gemischt und steril abgefüllt werden. Diese Fähigkeit könne Lonza nur über Akquisitionen erwerben. Namen von möglichen Kaufobjekten nannte Baehny nicht. Es gebe auch nicht viele Akquisitionsmöglichkeiten in diesem Markt.

Derzeit investiert Lonza überdurchschnittlich hohe 13,5 Prozent des Umsatzes. Längerfristig dürfte dieser Wert 9 bis 10 Prozent des Umsatzes betragen. Das Geschäft bleibe aber kapitalintensiv.

Wachsen wolle Lonza in China. Deshalb sei Anfang Jahr dort eine Anlage von General Electric gekauft worden, die voraussichtlich im zweiten Quartal 2021 den Betrieb aufnehmen werde.

Zum geplanten Verkaufs des Bereichs LSI sagte Baehny, er könne keine Preisvorstellung nennen. Darüber, was Lonza mit dem Verkaufserlös machen werde, werde frühestens im vierten Quartal informiert. Aber: "Wir haben bessere Ideen als Aktienrückkäufe."

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