GUILDFORD/MÜNCHEN (awp international) - Der Gase-Konzern Linde will von gut laufenden Geschäften rund um das Gesundheitswesen, die Elektronik und sauberer Energie profitieren. Auch 2021 soll der Gewinn deutlich steigen. "Mit Blick auf die Zukunft bleiben die kurzfristigen wirtschaftlichen Aussichten zwar unsicher", sagte Unternehmenschef Steve Angel am Freitag bei Vorlage der Zahlen für das abgelaufene Jahr. Dennoch sei er zuversichtlich, dass Linde unabhängig vom wirtschaftlichen Umfeld ein zweistelliges Wachstum des Gewinns pro Aktie erzielen und eine etwaige Konjunkturerholung auch noch nutzen könne.

Für 2021 peilt Linde einen um Sondereffekte bereinigten Gewinn je Aktie von 9,10 bis 9,30 US-Dollar an. Analysten haben hier im Schnitt 9,13 Dollar auf ihrem Zettel. Für das erste Quartal kalkuliert das Management mit 2,20 bis 2,25 Dollar. An der Börse kam das gut an. Die Aktien des Dax-Konzerns drehten nach den Geschäftszahlen am Mittag ins Plus. Zuletzt legten die Papiere um 1,9 Prozent zu.

Im abgelaufenen Jahr erwirtschaftete Linde einen bereinigten Gewinn je Aktie von 8,23 Dollar und damit rund zwölf Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Experten hatten weniger erwartet. Dazu trug vor allem der Sparkurs und ein starkes Schlussquartal bei. Unter dem Strich blieb 2020 ein Konzerngewinn von rund 2,5 Milliarden Dollar. Das war rund 14 Prozent mehr als im Vorjahr. Der Umsatz schrumpfte im Jahresvergleich allerdings wegen der Auswirkungen der Corona-Krise um 3,5 Prozent auf 27,2 Milliarden Dollar.

Linde ist seit der Fusion mit dem US-Konkurrenten Praxair 2018 der weltgrösste Anbieter von Industriegasen. Der Konkurrent der französischen Air Liquide beliefert die Auto-, Öl-, Chemie- und Metallindustrie genauso wie Lebensmittelhersteller und Krankenhäuser. Den Löwenanteil der Umsätze und Gewinne erwirtschaftet Linde in der Region Amerika, jeweils gut 20 Prozent der Erlöse kommen aus Europa und Asien. Weltweit beschäftigt die Linde plc 80 000 Mitarbeiter.

Künftig will der Linde-Chef das Geschäft mit Wasserstoff stark ausbauen. Linde erzielt laut Angel schon heute mehr als zwei Milliarden Dollar Umsatz mit Produktion, Vertrieb, Speicherung und Anwendung von Wasserstoff. "Und angesichts der erwarteten Investitionsvorhaben von mehr als 100 Milliarden Dollar denke ich, dass sich unser Wasserstoffgeschäft in Zukunft vervierfachen könnte", sagte er vor wenigen Monaten. Gerade bei grossen Transportmitteln wie Lastwagen, Zügen, Fähren und Bussen werde sich Wasserstoff zuerst durchsetzen.

Linde baut auch schon für eine Zeit ohne Angel als Chef vor. Wenn alles gut läuft, könnte Vorstandsmitglied Sanjiv Lamba in rund einem Jahr den Chefsessel übernehmen, schrieb das "Handelsblatt" jüngst unter Berufung auf mit der Sache vertraute Personen. Lamba, der bereits vor der Fusion mit Praxair bei Linde im Vorstand sass, leitet seit Januar das operative Geschäft. "Das nächste Jahr wird für Lamba das entscheidende sein", sagte Linde-Verwaltungsratschef Wolfgang Reitzle dem Blatt.

Direkt bestätigen wollte er die Spekulationen um die Neubesetzung des Chefsessels nicht. Der Verwaltungsrat werde rechtzeitig über die Nachfolge Angels entscheiden, sagte er. Wenn Lamba in den kommenden ein bis zwei Jahren Linde-Chef wird, dann dürfte Angel Verwaltungsratschef werden./mne/mis/jha/