Von Christine Benders-Rüger

FRANKFURT (Dow Jones)--Der Industriegasehersteller und Anlagenbauer Linde bekommt die Sanktionen gegen Russland zwar zu spüren, sollte aber wegen der robusten Nachfrage bei Gasen aus Branchen wie der Elektronik, der Nahrungsmittelindustrie und der Medizin gute Quartalsergebnisse mit einem Umsatz- und Gewinnsprung präsentieren. Das Geschäft mit Industriegasen gilt als vergleichsweise robust, da oft langfristige Lieferverträge abgeschlossen werden. Dies dürfte die weggebrochenen Aufträge aus Russland im Bereich der Anlagesparte mehr als ausgleichen. Im vergangenen Jahr machte Russland lediglich 1 Prozent des Konzernumsatzes von Linde im Geschäft mit Industriegasen aus. Auch das Vermögen in dem Land wird von Linde auf etwa 1 Prozent beziffert. Ende März stand in der Bilanz ein Gesamtvermögen von 82,8 Milliarden US-Dollar.


   Darauf sollten Investoren achten 

STELLENABBAU: In der Anlagenbau-Sparte von Linde, in der am Standort Pullach 2.000 Menschen beschäftigt sind, droht nach dem Rückzug aus Russland ein Stellenabbau. Nach einem Agenturbericht Mitte Juli sollen hier 400 bis 500 Arbeitsplätze auf der Kippe stehen. Der Grund ist, dass infolge der Sanktionen gegen die Regierung von Wladimir Putin dem amerikanisch-deutschen Konzern milliardenschwere, lukrative Großaufträge über Gasverflüssigungs- und Verarbeitungs-Anlagen vor allem vom Staatskonzern Gazprom weggebrochen sind. Mit den Russland-Aufträgen wäre der Standort vor den Toren Münchens auf Jahre ausgelastet gewesen. Aufträge aus Russland machten zwei Drittel des Auftragsbestandes der Sparte aus. Der Vorstand von Linde geht dem Bericht zufolge davon aus, dass ein Drittel unwiederbringlich verloren ist. Linde hat bisher einen geplanten Jobabbau nicht bestätigt.

ABSCHREIBUNGEN: Linde hatte Ende April bei der Veröffentlichung der Erstquartalszahlen mitgeteilt, in Russland auch "die Geschäftsentwicklungen für neue Projekte ausgesetzt" zu haben und die Aktivitäten und Präsenz in dem Land zu verringern. Die Belieferung bestimmter Kunden sei eingestellt und ein Verkauf von Industrieanlagen eingeleitet worden. Linde warnte damals vor möglichen "Wertminderungen und anderen Belastungen", wenn diese Schritte verwirklicht und weitere Sanktionen in Kraft treten würden. Ungewiss ist, wie hoch die Wertminderungen letztlich ausfallen werden. Linde erklärte dazu lediglich bislang, "jegliche Aufwendungen im Zusammenhang mit solchen Wertminderungen oder Verpflichtungen zur Erfüllung von Restverbindlichkeiten aus Verträgen können sich nachteilig auf das Betriebsergebnis oder den Cashflow von Linde auswirken". 2021 hatte der Anlagenbau von Linde den Zuschlag von Gazprom für zwei Projekte nahe der Grenze zu Estland erhalten: Gasverarbeitungsanlagen und eine Anlage für Flüssiggas im Gesamtwert von 6 Milliarden US-Dollar. Zudem hatte Linde von Gazprom schon Ende 2015 einen großen Auftrag mit einer Laufzeit bis 2024 erhalten, dabei geht es um das Pipeline-Projekt "Power of Siberia", das die Erdgasfelder in Ostsibirien mit Nordostchina verbinden soll.

Die Linde plc wird am Donnerstag, 28. Juli über den Geschäftsverlauf des 2. Quartals berichten. Nachfolgend eine Auswertung der Prognosen von Analysten zum zweiten Quartal und für das Gesamtjahr 2022:


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2. QUARTAL                            2Q22  ggVj  Zahl    2Q21 
Umsatz                               8.382  +11%    10   7.584 
Operativer Gewinn bereinigt          1.959   +7%     9   1.837 
Operative Marge bereinigt             23,4    --    --    24,2 
Ergebnis nach Steuern bereinigt*     1.514   +7%     8   1.415 
Ergebnis je Aktie verwässert ber.*    2,92   +8%     3    2,70 
 
.                                     PROG  PROG  PROG 
GESAMTJAHR                            Gj22  ggVj  Zahl    Gj21 
Umsatz                              33.707   +9%    22  30.793 
Operativer Gewinn bereinigt          7.793   +9%    20   7.176 
Operative Marge bereinigt             23,1    --    --    23,3 
Ergebnis nach Steuern bereinigt*     6.042   +8%    18   5.579 
Ergebnis je Aktie verwässert ber.*   11,88  +11%    20   10,69 
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ERLÄUTERUNGEN:

* fortgeführte Geschäftsbereiche

- alle Angaben in den Tabellen in Millionen US-Dollar, Ausnahme Ergebnis je Aktie in US-Dollar, Marge in Prozent

- Bilanzierung nach US-GAAP

- Quellen: Angaben des Unternehmens, Prognosen von S&P Global Intelligence

- ggVj = Veränderung in Prozent gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum

- das Geschäftsjahr entspricht dem Kalenderjahr

- alle Angaben ohne Gewähr

Kontakt zum Autor: unternehmen.de@dowjones.com

DJG/cbr/mgo

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July 27, 2022 23:45 ET (03:45 GMT)