KÖLN (awp international) - Nach deutlichen Zuwächsen im zweiten Quartal sieht sich der Chemiekonzern Lanxess auf Kurs zu seinem Jahresziel eines deutlichen Gewinnwachstums. Konzernchef Matthias Zachert untermauerte dies am Donnerstag mit konkreten Zahlen. Im abgelaufenen zweiten Quartal profitierte der im MDax notierte Konzern von Preiserhöhungen und von der Übernahme des US-Spezialchemieunternehmens Emerald Kalama Chemical. Zachert sieht Lanxess damit gut aufgestellt, wenngleich der Wind in der Weltwirtschaft im zweiten Halbjahr noch rauer wehen werde. Insbesondere auf die Nachfrage der Chemie-, Auto- und Bauindustrie blickt Zachert vorsichtiger. Die Aktien gerieten unter Druck.

Zachert peilt im laufenden Jahr einen bereinigten Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von 0,9 bis 1 Milliarden Euro an, nachdem bislang nur von einem deutlichen Wachstum die Rede gewesen war. Vergleichsbasis sind die im vergangenen Jahr erzielten rund 800 Millionen Euro, bei denen das Geschäft mit Hochleistungskunststoffen für die Auto- und Elektroindustrie ausgeklammert ist. Dieses Geschäft wird in ein Gemeinschaftsunternehmen mit der Beteiligungsgesellschaft Advent eingebracht, teilte das Unternehmen am Donnerstag in Köln mit.

Im zweiten Quartal steigerten Lanxess den Umsatz im Jahresvergleich um gut 36 Prozent auf knapp 2 Milliarden Euro. Als operativer Gewinn vor Sondereffekten blieben davon mit 253 Millionen Euro 14,5 Prozent mehr als vor einem Jahr. Analysten hatten weniger erwartet. Unter dem Strich verdiente Lanxess mit 93 Millionen Euro sieben Prozent weniger als vor einem Jahr. Das lag an einem Ergebnisrückgang im nicht fortgeführten Geschäft.

Starken Rückenwind lieferte das von Emerald übernommene Geschäft rund um Desinfektions- und Konservierungsmittel in der Sparte Consumer Protection. Emerald bietet Produkte für Aroma- und Duftstoffe, Konservierungsmittel für Lebensmittel sowie für Reinigungs- und Kosmetikprodukte an. Die Übernahme im letzten Jahr ist Teil des Konzernumbaus hin zur profitableren Spezialchemie. Hier schloss Lanxess erst jüngst den Kauf des Microbial-Control-Geschäfts vom US-Duftstoff- und Aromenhersteller IFF ab.

Zudem treibt Zachert den Umbau mit dem perspektivischen Ausstieg aus dem Geschäft mit Hochleistungskunststoffen für die Auto- und Elektroindustrie voran. Wie im Juni angekündigt soll der Bereich in ein Gemeinschaftsunternehmen mit der Beteiligungsgesellschaft Advent eingebracht werden, das im gleichen Zuge in einem Milliardendeal das Kunststoffgeschäft Engineering Materials des niederländischen Konzerns Royal DSM übernimmt. Mit dem Schritt soll die Abhängigkeit von Konjunkturschwankungen sinken, da das Geschäftsvolumen mit der Autoindustrie reduziert wird.

Durch den Schritt wird der Konzern noch aus drei Spezialchemie-Segmenten bestehen. Den grössten operativen Gewinnanteil mit 40 Prozent soll künftig die Sparte Consumer Protection rund um Materialschutz- und Konservierungsmittel liefern. Das Geschäft mit Basis- und Feinchemikalien für die Industrie (Sparte Advanced Intermediates) sowie mit Spezialzusätzen etwa für Reifenkautschuk, Kunststoffe und Schmierstoffe (Specialty Additives) sollen dann je rund 30 Prozent des operativen Gewinns erzielen.

Während die Bereiche Consumer Protection und Special Additives den bereinigten operativen Gewinn im zweiten Quartal steigern konnten, fiel dieser im Segment Advanced Intermediates trotz eines - dank Preissteigerungen - höheren Umsatzes. In dem Bereich können die gestiegenen Rohstoff- und Energiekosten weiterhin zum Teil erst zeitlich versetzt an Kunden weitergegeben werden. Hinzu kamen höhere Frachtkosten.

Analysten zeigen sich insgesamt zufrieden mit der Entwicklung. Und auch der Jahresausblick liege weitgehend im Rahmen der Erwartungen, erklärte Experte Chetan Udeshi von der Bank JPMorgan. Allerdings hätten einige andere Chemieunternehmen zuletzt besser abgeschnitten als erwartet, was für eine eher schwächere Kursentwicklung spreche.

Zudem monierte Udeshi ein wenig den operativen freien Mittelzufluss. Mit 150 Millionen Euro war der nun zwar wieder positiv, nachdem zum Jahresstart noch ein hoher Mittelabfluss im Tagesgeschäft verbucht werden musste. Allerdings profitierte das Unternehmen dabei auch deutlich von dem Verkauf von Forderungen, dem sogenannten Factoring, sowie der Erstattung von Steuervorauszahlungen. Beides glich einen Anstieg des Betriebskapitals im Zuge gestiegener Rohstoffkosten aus.

Die Aktien fielen am Donnerstagvormittag als einer der schwächsten Werte im MDax um 1,0 Prozent auf 35,80 Euro. Für 2022 ergibt sich damit ein Minus von mehr als einem Drittel. Wie die gesamte Branche wurde auch der Lanxess-Kurs von Sorgen hinsichtlich der Weltwirtschaft sowie der Furcht vor einem Erdgasmangel in Europa nach unten gezogen./mis/mne/jha/