KÖLN (awp international) - Beim Spezialchemie-Konzern Lanxess zeigt die Neuausrichtung zunehmend Wirkung. Nach einem operativen Gewinnsprung im zweiten Quartal zeigte sich Konzernchef Matthias Zachert bei der Zahlenvorlage am Mittwoch mit Blick auf das Gesamtjahr erneut optimistischer: Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) sowie vor Sondereinflüssen dürfte von 941 Millionen Euro im Vorjahr auf 930 bis 970 Millionen klettern. Bisher hatte er 900 bis 950 Millionen in Aussicht gestellt.

"Für das zweite Halbjahr sind wir sehr zuversichtlich", sagte Zachert. Höhere Absatzmengen, eine bessere Auslastung und niedrigere Kosten sorgten im zweiten Quartal für Schwung. Das Kautschukgeschäft bleibe aber schwierig. Hier stehen die Preise wegen Überkapazitäten seit längerer Zeit unter Druck. Mit dem Kautschuk-Gemeinschaftsunternehmen Arlanxeo gelang den Kölnern aber ein Befreiungsschlag. Das Zusammengehen mit dem grössten Öl- und Energiekonzern der Welt, der saudischen Saudi Aramco, spülte Lanxess rund 1,2 Milliarden Euro in die Kasse.

"Mit unserer Neuausrichtung haben wir eine leistungsstarke und effiziente Aufstellung geschaffen", sagte Zachert. Er nutzte den finanziellen Spielraum im Frühjahr, um dem US-Chemiekonzern Chemours dessen Geschäft für Desinfektions- und Hygienelösungen abzukaufen. Den Abschluss der Transaktion erwartet er im dritten Quartal. Lanxess ist derzeit nahezu schuldenfrei. Das sei eine "ausgezeichnete Grundlage" für die Weiterentwicklung des Konzerns, sagte Finanzchef Michael Pontzen.

Im zweiten Quartal legte das Ebitda vor Sonderposten trotz eines Umsatzrückgangs um 8,5 Prozent auf 293 Millionen Euro zu. Der Umsatz sank hingegen wegen niedrigerer Verkaufspreise im Zuge des Ölpreisverfalls um 7,7 Prozent auf 1,94 Milliarden Euro. Auch die Wechselkurse belasteten. Unter dem Strich blieben beim MDax-Konzern 75 Millionen Euro hängen - nach 87 Millionen ein Jahr zuvor. Damals hatte der Konzern von Verkaufserlösen profitiert. Analysten hatten im Schnitt nur beim Umsatz mehr erwartet.

Entsprechend positiv war die Reaktion am Finanzmarkt. Die Aktien gewannen im vorbörslichen Handel fast zwei Prozent an Wert. Händler und Analysten zeigten sich in ersten Reaktionen positiv überrascht. Lanxess habe den Ausblick noch stärker angehoben als erwartet, sagte ein Händler. Am Markt sei eher mit einer Erhöhung ans obere Ende der alten Spanne gerechnet worden. DZ-Bank-Analyst Peter Spengler kündigte eine Erhöhung seiner Gewinnschätzungen an.

Die starke Abhängigkeit von der Reifen- und Autoindustrie hatte Lanxess in den vergangenen Jahren in Bedrängnis gebracht. Die Autokrise in Europa und selbst geschaffene Überkapazitäten hatten bei Kautschuk einen Preisverfall ausgelöst. Lanxess als weltgrösster Hersteller von synthetischem Kautschuk litt besonders darunter. Mit einem Kautschuk-Gemeinschaftsunternehmen, Stellenstreichungen und einem Umbau der Produktion steuerte der Konzern entschieden gegen.

Auch nach der Bildung des Gemeinschaftsunternehmens fliesst das Geschäft aber noch drei Jahre lang voll in die Bilanz der Kölner mit ihren rund 16 600 Mitarbeitern ein. Die Kautschuke werden in der Reifenindustrie, in der Automobilproduktion sowie für zahlreiche weitere Zwecke eingesetzt. Doch Lanxess ist auch ein wichtiger Lieferant für die Pharma- und Agrarindustrie und stellt Kunststoffe her./jha/stw/zb