(Berichtigt wurde im 1. Absatz, 2. Satz die Vorjahreszahl beim Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) sowie vor Sondereinflüssen: 885 rpt 885 Millionen Euro.)

KÖLN (dpa-AFX) - Beim Spezialchemie-Konzern Lanxess wirkt die Neuausrichtung: Nach einem operativen Gewinnsprung im zweiten Quartal zeigte sich Konzernchef Matthias Zachert bei der Zahlenvorlage am Mittwoch mit Blick auf das Gesamtjahr erneut optimistischer. "Für das zweite Halbjahr sind wir sehr zuversichtlich", sagte er. Lanxess sei insgesamt auf Kurs und die Neuausrichtung greife. Mit dem Kautschuk-Gemeinschaftsunternehmen Arlanxeo ist dem Weltmarktführer in diesem Bereich ein Befreiungsschlag gelungen. Doch noch fließt das unter hohen Überkapazitäten leidende Geschäft voll bei Lanxess in die Bilanz ein.

Dennoch legte Zachert die Latte für das laufende Jahr wie bereits im Frühjahr höher: Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) sowie vor Sondereinflüssen dürfte nach 885 Millionen Euro im Vorjahr 930 bis 970 Millionen betragen. Bisher hatte er 900 bis 950 Millionen in Aussicht gestellt. Zachert stützt sich dabei auf das sogenannte "neue Lanxess", dessen Geschäfte auch im zweiten Halbjahr besser laufen dürften als ein Jahr zuvor. Lanxess ist auch ein wichtiger Lieferant für die Pharma- und Agrarindustrie und stellt Kunststoffe her.

Höhere Absatzmengen, eine bessere Auslastung und niedrigere Kosten sorgten im zweiten Quartal bereits für Schwung. Das Kautschukgeschäft bleibe aber schwierig, hieß es. Hier stehen die Preise wegen Überkapazitäten seit längerer Zeit unter Druck. Auch für den Rest des Jahres und für das kommende Jahr zeichne sich keine Besserung ab, bekräftigte Zachert. Mit dem Kautschuk-Gemeinschaftsunternehmen Arlanxeo haben die Kölner ihre starke Abhängigkeit von diesem Markt verringert und die Risiken geteilt. Die Zusammenarbeit mit dem größten Öl- und Energiekonzern der Welt, der saudischen Saudi Aramco, spülte Lanxess zudem rund 1,2 Milliarden Euro in die Kasse.

Zachert nutzte den finanziellen Spielraum im Frühjahr bereits, um dem US-Chemiekonzern Chemours dessen Geschäft für Desinfektions- und Hygienelösungen abzukaufen. Den Abschluss der Transaktion erwartet er im dritten Quartal. Lanxess ist derzeit nahezu schuldenfrei. Das sei eine "ausgezeichnete Grundlage" für die Weiterentwicklung des Konzerns, sagte Finanzchef Michael Pontzen. Lanxess werde das Geschäft mit Fusionen und Übernahmen weiter aktiv betreiben, dabei aber fokussiert bleiben, ergänzte Zachert: "Wir kommen nun in die Wachstumsphase und freuen uns darauf."

Im zweiten Quartal legte das Ebitda vor Sonderposten um 8,5 Prozent auf 293 Millionen Euro zu. Der Umsatz sank hingegen wegen niedrigerer Verkaufspreise im Zuge des Ölpreisverfalls um 7,7 Prozent auf 1,94 Milliarden Euro. Auch die Wechselkurse belasteten. Unter dem Strich blieben beim MDax-Konzern 75 Millionen Euro hängen - nach 87 Millionen ein Jahr zuvor. Damals hatte der Konzern von Verkaufserlösen profitiert. Analysten hatten im Schnitt nur beim Umsatz mehr erwartet.

Entsprechend positiv war die Reaktion am Finanzmarkt. Der Aktienkurs legte am späten Vormittag um 1,40 Prozent zu. Damit war Lanxess einer der stärksten MDax-Werte. Händler und Analysten zeigten sich in ersten Reaktionen positiv überrascht. Lanxess habe den Ausblick noch stärker angehoben als erwartet, sagte ein Händler. DZ-Bank-Analyst Peter Spengler kündigte eine Erhöhung seiner Gewinnschätzungen an. Aus Sicht von Analyst Thomas Swoboda von der französischen Großbank Societe Generale treibt das Management den Wandel erfolgreich und mit hohem Tempo voran.

Die starke Abhängigkeit von der Reifen- und Autoindustrie hatte Lanxess in den vergangenen Jahren in Bedrängnis gebracht. Die Autokrise in Europa und selbst geschaffene Überkapazitäten hatten bei Kautschuk einen Preisverfall ausgelöst. Lanxess als weltgrößter Hersteller von synthetischem Kautschuk litt besonders darunter. Mit einem Kautschuk-Gemeinschaftsunternehmen, Stellenstreichungen und einem Umbau der Produktion steuerte der Konzern entschieden gegen.

Auch nach der Bildung des Gemeinschaftsunternehmens fließt das Geschäft aber noch drei Jahre lang voll in die Bilanz der Kölner mit ihren rund 16 600 Mitarbeitern ein. Die Kautschuke werden in der Reifenindustrie, in der Automobilproduktion sowie für zahlreiche weitere Zwecke eingesetzt./jha/she/stb