Die gut 480 Delegierten wählten den 63-Jährigen am Dienstag in Nürnberg mit 320 von 476 gültigen Stimmen für weitere vier Jahre an die Spitze. Ohne Berücksichtigung von 25 Enthaltungen lag die Zustimmung bei 71 Prozent und damit weit unter den 91 Prozent Ja-Stimmen bei Hofmanns erster Wahl 2015. Noch dünner war die Zustimmung nur für Jürgen Peters im Jahr 2003 gewesen. Er wurde damals nach einer Tarifniederlage in Ostdeutschland für interne Machtkämpfe abgestraft und kam auf 66 Prozent.

Dass 131 Delegierte gegen Hofmann stimmten, kam überraschend. "Das ist sicherlich eine Enttäuschung. Andererseits ist es ein ehrliches Ergebnis", sagte Hofmann. Es zeige, in welchem Spannungsfeld die Gewerkschaft angesichts des tiefgreifenden Umbruchs in der Industrie stehe und wie wichtig die Diskussion darüber sei. Die Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie stehen durch härtere Klimaschutzziele und Digitalisierung unter großem Veränderungsdruck. Die Gewerkschaft kämpft dafür, dass die ökologische Transformation ohne Einbußen bei der Beschäftigung gelingt.

HOFMANN: NICHT AN BESITZSTÄNDEN FESTHALTEN

Hofmann wolle die Arbeitsweise der Organisation umkrempeln hin zu stärkeren Aktivitäten vor Ort in den Betrieben, hieß es in Teilnehmerkreisen. Manchen sei der Diplom-Ökonom zu forsch, anderen zu langsam, sagte ein Delegierter. "Wir müssen uns auch selber verändern", sagte Hofmann. "Wir können nicht an Besitzständen festhalten, das macht sich in Wahlergebnissen deutlich."

Einige Kritiker hielten Hofmann wegen seines Alters von bald 64 Jahren nicht mehr für geeignet, erklärte ein anderer Delegierter. Er hätte viel Zustimmung geerntet, wenn er nur für eine halbe Amtszeit angetreten wäre und ein klares Signal gesetzt hätte, dass er sich die Zweite Vorsitzende Christiane Benner als Nachfolgerin wünscht. Bisher ist es in der IG Metall Tradition, dass die Nummer zwei auf den Chefposten nachrückt. Die 51-jährige Soziologin war vor vier Jahren als erste Frau in der männerdominierten Gewerkschaft zur Zweiten Vorsitzenden gewählt worden. Sie erhielt dieses Mal 87 Prozent der Stimmen - und mehr Applaus als Hofmann. Er sei für vier Jahre gewählt und werde deshalb auch so lange bleiben, betonte der IG-Metall-Chef.

Der gewiefte Tarifpolitiker steht seit 2015 an der Spitze der mit 2,3 Millionen Mitgliedern größten, staatlich unabhängigen Einzelgewerkschaft der Welt. Sein wichtigstes Aufsichtsratsmandat ist das bei Volkswagen. Der Schwabe war zuvor Chef des wegen seiner starken Automobilbranche einflussreichen Bezirks Baden-Württemberg. Der Denkzettel für den Gewerkschaftsboss wühlte etliche Teilnehmer auf. Eine Metallerin, die auf der Bühne von Hofmann für jahrezehntelangen Einsatz geehrt wurde, forderte mit Blick auf das Wahlergebnis Geschlossenheit: "Zankt nach innen und strotzt nach außen!"