Niederbipp (awp) - Das Hakle-Werk des amerikanischen WC-Papier-Herstellers Kimberly-Clark im bernischen Niederbipp soll verkauft werden. Die Verkaufsverhandlungen laufen. Die Gewerkschaft der Schweizer Papierindustrie (SPV) sorgt sich um die Mitarbeitenden.

Der amerikanische WC-Papier-Riese Kimberly-Clark will das bekannte Schweizer WC-Papier der Marke Hakle künftig nicht mehr in der Schweiz produzieren. Aus diesem Grund solle das Hakle-Werk in Niederbipp veräussert werden, erklärte das Unternehmen am Dienstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur AWP zu einem entsprechenden Bericht der "Solothurner Zeitung". Die Mitarbeitenden seien am vergangenen Donnerstag über die Verkaufspläne informiert worden, heisst es.

Der Präsident der Gewerkschaft der Schweizer Papierindustrie (SPV), Beat Krügel, erklärte gegenüber AWP, dass Kimberly-Clark für den Standort in Niederbipp einen Käufer sucht. Angaben zu Kaufinteressenten machte das Unternehmen nicht: "Gespräche über einen potenziellen Verkauf des Werks fallen unter das Geschäftsgeheimnis."

Verlagerung nach Norditalien

Die Produktion von Hakle-WC-Papier werde aus Niederbipp nach Romagnano in Norditalien verlagert, erklärte Kimberly-Clark. Derzeit arbeiten am Standort in Niederbipp 265 Mitarbeitende. Ihre Stellen könnten in Gefahr sein, solle das Unternehmen keinen geeigneten Käufer finden, sagte Krügel unter Berufung auf Mitarbeitende. Demnach könnte das Werk ungefähr Ende April geschlossen werden, wenn es nicht verkauft werden könne.

Kimberly-Clark erklärte: "In dieser Phase konzentrieren wir uns mit ganzer Kraft darauf, die Verhandlungen für beide Seiten zu einem erfolgreichen Ergebnis zu führen. Wir waren aber auch offen mit unseren Mitarbeitenden und stellten klar, dass Kimberly-Clark, falls ein Verkauf nicht abgeschlossen werden kann, die Schliessung des Werks vorschlagen wird."

Die Mitarbeitenden von Kimberly-Clark verfügten zwar über einen Generalarbeitsvertrag, der im Falle von Entlassungen einen Sozialplan vorsehe. Dennoch macht sich der Gewerkschaftschef grosse Sorgen um die Angestellten des Hakle-Werks. "Es ist der denkbar ungünstigste Zeitpunkt, um eine Firma zu verkaufen", sagte er. Für die Angestellten hoffe er darauf, dass ein Käufer gefunden werde. Am Ende hänge es aber vom Verkaufspreis ab, den Kimberly-Clark erzielen wolle.

2020 teils doppelte Menge hergestellt

Der Gewerkschafts-Präsident nennt vor allem die Produktionspreise in der Schweiz als möglichen Grund, warum sich Kimberly-Clark aus der Schweiz zurückziehen dürfte: Die Herstellung von Papier in Italien samt Transport in die Schweiz sei immer noch günstiger, als in der Schweiz zu produzieren, gab er an.

Mit einem schlechten Geschäft dürfte der Verkauf hingegen weniger zu tun haben: Wegen der erhöhten Nachfrage nach WC-Papier während der Coronakrise produzierte das Werk in Niederbipp teilweise doppelt so viele Rollen wie sonst, wie der Länderchef Österreich und Schweiz von Kimberly-Clark, Hugo ter Braak, im April gegenüber der "Neuen Zürcher Zeitung" gesagt hatte.

Im dritten Quartal 2020 steigerte der US-Konzern, der in 34 Ländern tätig ist, seinen Nettoumsatz im Vorjahresvergleich um 1 Prozent auf 4,7 Milliarden Dollar. Aus diesem Grund hob Kimberly-Clark den Ausblick für das Jahreswachstum auf 5 Prozent von 4 bis 5 Prozent an.

Kimberly-Clark beschäftigt weltweit 40'000 Mitarbeitende und setzte vergangenes Jahr 18,5 Milliarden US-Dollar um. Zu den Produkten des Konzerns gehören nebst WC-Papier beispielsweise auch Feuchttücher, Windeln, Hygienebinden und Handtücher aus Papier, darunter etwa die Windelmarke Huggies, die Feuchttüchermarke Cottonelle oder die Papiertüchermarke Kleenex.

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