BERLIN (Dow Jones)--Die AfD ist mit ihrem Plan gescheitert, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zum Debakel um die Pkw-Maut in den Untersuchungsausschuss zu laden. Ein entsprechender Antrag wurde mit den Stimmen aller anderen Parteien abgelehnt, wie Dow Jones Newswires von der SPD-Bundestagsfraktion erfuhr. Die AfD hatte zugleich den früheren SPD-Chef Sigmar Gabriel als Zeugen befragen wollen.

"Nachdem wir bereits Dirk Pung-Jakobsen als Zeugen aus dem Kanzleramt gehört haben, sehen die Mitglieder der demokratischen Parteien im Untersuchungsausschuss keine Notwendigkeit, die Kanzlerin als Zeugin zu befragen", begründete SPD-Verkehrspolitikerin Kirsten Lühmann das Nein zu dem Antrag.

Pung-Jakobsen, Leiter des Referats Verkehrspolitik und Nachhaltige Mobilität im Bundeskanzleramt, war sowohl im Mai als auch Mitte November im Ausschuss vernommen worden. Bereits im Mai habe der Ausschuss einen ähnlichen Antrag gegen die Stimmen der AfD abgelehnt, erklärte Lühmann. Eine Befragung Merkels wäre daher "eine reine PR-Show. Sie hilft nicht bei der Aufarbeitung des Maut-Schlamassels." Aus demselben Grund erwarte die SPD-Politikerin auch nichts von einer Gegenüberstellung des Verkehrsministers mit anderen Zeugen.

Die AfD-Fraktion hatte den Antrag damit begründet, Widersprüche zwischen Aussagen anderer Zeugen aufzuklären, die das Zustandekommen des Koalitionsvertrags von 2013 beträfen. Der Text zur Pkw-Maut sei als "Chefsache" der damaligen Parteivorsitzenden Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Sigmar Gabriel (SPD) formuliert worden, erklärte AfD-Verkehrspolitiker Wolfgang Wiehle.

Der Maut-Untersuchungsausschuss will aufklären, ob Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) gegen das Haushalts- und Vergaberecht verstoßen hat. Der Ausschuss beschäftigt sich mit Scheuers Entscheidung, bereits im Herbst 2018 mit den Betreiberfirmen Verträge zur Erhebung und Kontrolle der Pkw-Maut abgeschlossen zu haben, obwohl der Europäischen Gerichtshof noch nicht sein Urteil zu deren Rechtmäßigkeit gefällt hatte. Im Sommer 2019 wurde sie dann von dem Gericht gestoppt und als ausländerdiskriminierend bezeichnet. Die Betreiber Kapsch Trafficom und CTS Eventim fordern eine Entschädigung von mehr als einer halben Milliarde Euro vom Bund.

(Mitarbeit: Andrea Thomas)

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DJG/pso/smh

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December 10, 2020 04:04 ET (09:04 GMT)