AMSTERDAM (dpa-AFX) - Der Essenslieferdienst Just Eat Takeaway hat im Jahr 2022 nach der Einführung von höheren Gebühren zulasten seiner Partner und Kunden operativ wieder schwarze Zahlen geschrieben. Allerdings drosseln gestiegene Servicegebühren und Lieferkosten zusätzlich zur Inflation die Bestelllust. Im abgeschlossenen Jahr dürfte ein bereinigtes operatives Ergebnis (Ebitda) von rund 16 Millionen Euro erreicht worden sein nach einem Fehlbetrag von rund 350 Millionen Euro im Vorjahr, wie die Lieferando-Mutter am Mittwoch in Amsterdam mitteilte. Für das laufende Jahr dürfte sogar ein dreistelliger Millionenbetrag zusammenkommen. An der Börse beflügelten die Nachrichten die Aktie des Konzerns: Sie stieg im frühen Handel deutlich um rund 14 Prozent auf 27,50 Euro.

Seit dem Ende 2021 hat die Aktie damit aber immer noch fast 40 Prozent an Wert verloren. Im Frühjahr vergangenen Jahres hatten die Papiere der Niederländer zu leiden, nachdem der Konkurrent Delivery Hero nach enttäuschenden Zahlen und Aussagen zur weiteren Geschäftsentwicklung für einen Ausverkauf gesorgt hatte. Zum Vergleich: Als einer der Gewinner in der Corona-Pandemie hatte die Just-Eat-Takeaway-Aktie im Herbst 2020 noch den Rekordwert von mehr als 110 Euro das Stück erreicht.

Wie Just Eat Takeaway am Mittwoch weiter mitteilte, rutschte die Zahl aller Bestellungen 2022 um fast ein Zehntel auf 984,5 Millionen Stück ab. Im Schlussquartal verfehlte das Unternehmen mit knapp 240 Millionen Bestellungen (Vorjahresquartal fast 274 Millionen) die durchschnittliche Erwartung von Analysten deutlich. Vor allem in der wichtigsten Region Nordamerika (USA und Kanada) sowie dem zusammengefassten Segment Südeuropa (Frankreich, Spanien, Italien, Rumänien, Bulgarien) und Australien/Neuseeland gingen deutlich weniger Bestellungen ein als noch im Vorjahreszeitraum.

Das Bruttotransaktionsvolumen (GTV, Gross Transaction Value) des Gesamtjahres blieb mit rund 28,2 Milliarden Euro stabil. Hier inkludiert Just Eat Takeaway zu dem Einkaufsvolumen auch erhobene Gebühren, Trinkgelder und Steuern. Der höhere durchschnittliche Einkaufswert und gestiegene Dienstleistungsentgelte kompensierten dabei die zurückgegangenen Bestellzahlen. Konsumenten berücksichtigen aber auch die Preise in den Restaurants, da diese oft infolge der Inflation an der Preisschraube gedreht haben. In der Branche müssen Kunden teils zusätzlich zu den Lieferkosten noch Servicegebühren begleichen, was ebenfalls die Attraktivität am Bestellen mindert. Wer seine Mahlzeit zudem vorrangig zugestellt bekommen möchte, wird extra zur Kasse gebeten.

An dem Kurs mit Fokus auf die Profitabilität will Konzernchef Jitse Groen festhalten und nimmt dafür auch ein schwächeres Wachstum in Kauf. Für das laufende Jahr peilt die Geschäftsführung ein bereinigtes operatives Ergebnis (Ebitda) von rund 225 Millionen Euro an. Der Ausblick scheine nach einem guten Wert im zweiten Halbjahr 2022 allerdings noch konservativ, kommentierte RBC-Analystin Sherri Malek.

Die Ausrichtung der Unternehmensstrategie auf Profitabilität anstelle von Wachstum markierte einen Wendepunkt in der Branche. Delivery Hero und Just Eat Takeaway hatten zuvor stets auf die größtmögliche Verbreitung der konzerneigenen Marken und Expansionen in neue Märkte gebaut. Diesen Weg wollten Investoren aber im vergangenen Jahr nicht mehr mitgehen.

Unterdessen lotet das Management weiter eine Rückzugsstrategie in Sachen Grubhub aus. Ein Interessent für einen teilweisen oder vollständigen Verkauf des US-Lieferanten scheint bislang auch Monate nach der ersten Ankündigung noch nicht in Sicht zu sein. Die milliardenschwere Übernahme von Grubhub war Analysten übel aufgestoßen, nachdem die Bewertung für das Unternehmen zuletzt deutlich gelitten hatte./ngu/knd/stk