Zürich (awp) - Die Privatbank Julius Bär ist von ihrer Vergangenheit eingeholt worden. Die Schweizer Finanzmarktaufsicht (Finma) hat beim Vermögensverwalter schwere Mängel bei der Geldwäsche-Bekämpfung festgestellt und nimmt die "Bären" nun an die kurze Leine.

Julius Bär hat von 2009 bis Anfang 2018 bei der Prüfung von gefährlichen Kunden "umfassend versagt", rügte die Finma am Donnerstag in einer Mitteilung zum Abschluss eines Enforcement-Verfahrens.

Die Auflistung liest sich wie ein "who is who" der mutmasslichen Schmiergeld-Empfänger, die bei der Bank "Asyl" erhalten haben: Funktionäre des Fussballverbandes Fifa sowie venezolanische Beamte und Eliten, die den staatlichen Erdölkonzern PDVSA ausgenommen haben sollen.

Die Verfehlungen fallen in die Zeit des früheren Konzernchefs Boris Collardi. Dieser wollte auf Anfrage von AWP Finanznachrichten die Rüge der Finma nicht kommentieren. Collardi ist seit Mitte 2018 Teilhaber und Co-Leiter des Vermögensverwaltungsgeschäfts der Genfer Pictet-Gruppe.

Gut möglich aber, dass Collardi noch von der Finma etwas hört. Diese hielt fest, man werde "in einem zweiten Schritt prüfen, ob Verfahren gegen Einzelpersonen eröffnet" würden. Ebenfalls nicht mehr bei Julius Bär an Bord ist der frühere Verwaltungsratspräsident Daniel Sauter, der seine Position im April 2019 nach sieben Jahren abgegeben hatte.

Haus in Ordnung bringen

Ausbaden muss es jetzt die neue Führungscrew von Julius Bär rund um Konzernchef Philipp Rickenbacher und VR-Präsident Romeo Lacher. Die Bank muss laut Finma "wirkungsvolle" Massnahmen zur Durchsetzung der geldwäschereirechtlichen Pflichten ergreifen und die fehlgeleitete Vergütungspolitik anpassen.

Bis Julius Bär das eigene Haus nicht in Ordnung gebracht hat, darf die Bank keine grossen und komplexen Übernahmen durchführen. Zudem stellt ihr die Finma einen Aufpasser ins Haus: Ein unabhängiger Beauftragter wird die Umsetzung der Massnahmen überprüfen.

Fehlanreize für Berater

Die Vorwürfe der Finma sind happig: Julius Bär habe die Identität von Kunden sowie den Zweck und die Hintergründe ihrer Geschäftsbeziehungen ungenügend abgeklärt. Zudem seien Transaktionen "zu wenig konsequent überwacht und ungenügend hinterfragt" worden - auch noch zu einem Zeitpunkt, als es bereits klare Warnsignale für Geldwäsche gab.

Das liebe Geld spielte auch eine Rolle. Das "fast ausschliesslich" auf monetäre Aspekte abgestützte Vergütungsmodell der Bank setzte laut der Finma Fehlanreize. So habe etwa ein für venezolanische Kunden zuständiger Kundenberater noch 2016 und 2017 Boni und Entschädigungen in Millionenhöhe erhalten, obschon die Bank bereits Kunden im Kontext des PDVSA-Falles der Meldestelle für Geldwäscherei gemeldet hatte.

Bei diesem "Top-Performer" dürfte es sich um den ehemaligen Mitarbeiter Matthias Krull handeln, der im Oktober 2018 in den USA wegen "Verschwörung zur Geldwäsche" zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Im Prozess hatte der Banker zugegeben, dass er ab dem Jahr 2014 mitgeholfen hatte, insgesamt rund 600 Millionen Dollar von PDVSA zu unterschlagen.

Bär reuig

Die Bank anerkennt die Schlussforderungen grundsätzlich und betont, man habe die Risikokontrolle und die Einhaltung von Richtlinien bereits massiv ausgebaut. Man werde die verfügten und eingeleiteten Massnahmen "rasch und mit Entschiedenheit" umsetzen.

Zudem habe Julius Bär unter der neuen Führung die eigene Strategie bereits angepasst. Künftig werde der Fokus vom Neugeld-Wachstum auf nachhaltige Gewinnentwicklung verlagert.

Unter dem Stichwort "Enforcement" laufen bei der Finanzmarktaufsicht (Finma) alle Ermittlungen, Verfahren und Massnahmen zur Abklärung und Ahndung von Verstössen gegen das Aufsichtsrecht. Auf Deutsch heisst "Enforcement" so viel wie "Durchsetzung".

Die Börse reagierte etwas verschnupft und schickte die Bär-Aktien auf Talfahrt. Das Papier schloss am Abend 1,8 Prozent tiefer auf 48,36 Franken.

ra/tp