Von Charley Grant

NEW YORK (Dow Jones)--Nach einem Jahr mit pandemiebedingten Störungen ist die US-Gesundheitsbranche fast schon zum "Business as usual" zurückgekehrt. Die Wall Street scheint das aber noch nicht bemerkt zu haben. Nehmen Sie zum Beispiel Johnson & Johnson. Investoren und die Öffentlichkeit haben sich in letzter Zeit auf den Impfstoff Covid-19 von Johnson & Johnson konzentriert, dessen Markteinführung die Regulierungsbehörden in den USA stoppten. Die Aufseher untersuchten unerwünschte Ereignisse im Zusammenhang mit der Blutgerinnung. Während die europäischen Aufsichtsbehörden zuletzt einen Stopp des Impfstoffs ablehnten und die Impfungen in den USA bald wieder aufgenommen werden könnten, ist der Impfstoff selbst nicht wesentlich für die Finanzen des Unternehmens.

Das Unternehmen vermeldete zuletzt für das erste Quartal einen Umsatz von 22,3 Milliarden US-Dollar und einen bereinigten Gewinn von 2,59 Dollar pro Aktie. Diese Zahlen entsprechen einem Plus um jeweils etwa 8 Prozent und 12,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Johnson & Johnson verbuchte im Quartal 100 Millionen Dollar Umsatz mit dem Impfstoff Covid-19, weniger als 1 Prozent des Gesamterlöses. Der Branchenprimus erhöhte außerdem seine Umsatz- und Gewinnprognose für 2021 und stockte seine Dividende auf. Das ist ein ermutigendes Zeichen für den Rest der Gesundheitsbranche, die etwa 18 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in den Vereinigten Staaten ausmacht.


   Nicht zwingend erforderliche Operationen werden in den USA jetzt nachgeholt 

Aber während die Impfstoffverkäufe nicht wesentlich sind, haben Fortschritte bei der Bekämpfung der Pandemie einen großen positiven Einfluss auf das Geschäft von Johnson & Johnson. Der Umsatz mit medizinischen Geräten erreichte im Berichtsquartal 6,6 Milliarden Dollar, was einem Zuwachs von 11 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum entspricht. Damals kamen elektive chirurgische Eingriffe in Schlüsselmärkten wie China und den Vereinigten Staaten weitgehend zum Stillstand. Und es gibt Raum für weitere Verbesserungen. In Europa und Lateinamerika blieb das Volumen der Eingriffe gedämpft, und bestimmte Kategorien wie die Augenheilkunde erholten sich langsamer. Finanzchef Joseph Wolk erklärte in einem Interview, dass der jüngste Anstieg bei den diagnostischen Verfahren ein gutes Zeichen für die zukünftige Patientennachfrage sei.


   Medizinische Geräte mit hohen Margen 

Unterdessen erreichte der Umsatz der Pharmasparte 12,2 Milliarden Dollar. Das ist ein Plus von fast 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr, dank der starken Verkäufe von Krebsmedikamenten wie Darzalex und Imbruvica. Die Rückkehr zur Normalität ist sicherlich eine positive Nachricht für Johnson & Johnson, aber sie verläuft nicht durchgängig. Die Umsätze in der Sparte Consumer Health fielen insgesamt um 2,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr, davon 7,4 Prozent in den USA, was auf das Ausbleiben von Panikkäufen von Haushaltswaren zurückzuführen ist. Nichtsdestotrotz sollte sich die Wall Street an diesem gemischten Bild nicht weiter stören, da verschreibungspflichtige Medikamente und medizinische Geräte weitaus höhere Gewinnmargen aufweisen als Johnson & Johnson-Produkte wie Tylenol und Pflaster.


   Stetige Wachstumsaussichten 

Die Aktien notierten als Reaktion leicht im Plus und sind im bisherigen Jahresverlauf um etwa 5 Prozent gestiegen, verglichen mit 10 Prozent für den S&P 500. Den Anlegern sollte diese mangelnde Begeisterung zu denken geben. Johnsons & Johnson wird zum etwa 17-fachen der diesjährigen Gewinnprognose gehandelt, eine durchaus angemessene Bewertung für eine Traditions-Aktie mit stetigen Wachstumsaussichten. Wenn die Einführung des Impfstoffs weltweit weiter an Fahrt gewinnt, sollte man sich nicht wundern, sofern sich diese Gewinnprognose als konservativ erweist. Daran ändern auch die Schwierigkeiten mit dem eigenen Impfstoff nichts.

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April 21, 2021 04:44 ET (08:44 GMT)