Von Aaron Back

NEW YORK (Dow Jones)--Johnson & Johnson ist nach General Electric und Toshiba der dritte große multinationale Konzern, der vergangene Woche ankündigte, sich aufzuspalten. Im Gegensatz zu den beiden anderen Unternehmen handelt es sich jedoch nicht um einen müden Koloss, dem offensichtlich Beine gemacht werden müssten.

Die Aktien von J&J stiegen am Freitag knapp 2 Prozent. Zuvor hatte das Unternehmen bekanntgegeben, dass es seine Konsumgütersparte mit Marken wie Tylenol und Listerine abspalten, wodurch ein immer noch riesiges Geschäft mit Pharmazeutika und Medizintechnik verbleibt.

Die Trennung hat nichts mit einer Sanierung oder dem Abwurf von Ballast zu tun. Die J&J-Aktien sind laut Factset mit dem 16-fachen des voraussichtlichen Gewinns nicht erkennbar unterbewertet. Große, eigenständige Pharmaunternehmen werden in der Regel zu einem niedrigeren Vielfachen gehandelt. Merck & Co. beispielsweise wird nur mit dem Zwölffachen eingestuft. Darin spiegeln sich vor allem die massiven Investitionen wider, die notwendig sind, um Patentabläufe und andere Herausforderungen zu meistern. Heutzutage erzielen verbrauchernahe Gesundheitsunternehmen in der Regel einen höheren Wert: Reckitt Benckiser, Eigentümer der Marken Mucinex und Clearasil, wird mit dem 21-fachen des voraussichtlichen Gewinns bewertet.


   Konzern erhofft sich Wertsteigerung des Konsumgütergeschäfts 

In einem Interview argumentierte Chief Financial Officer Joe Wolk, dass der Aufschlag von J&J gegenüber anderen Pharmaunternehmen mit der überlegenen Leistung in diesem Bereich zusammenhänge, während das Unternehmen bei seinem Multiplikator für die Konsumgütersparte immer noch die gebührende Anerkennung vermisse. "Wenn wir einen Investorentag veranstalten, werden wir dort nicht beachtet", sagte er über die Konsumgütersparte mit einem Jahresumsatz von 15 Milliarden US-Dollar. Das deute darauf hin, dass eine Ausgliederung dieser Sparte den Wert für die Aktionäre steigern würde, indem damit ein höherer Multiplikator freigesetzt werde.

Das mag alles richtig sein, aber die Hersteller dieser Art von Markenprodukten für Gesundheit und Wohlbefinden stehen vor vielen langfristigen Herausforderungen, über die die Pandemie nur vorübergehend hinweggetäuscht hat. Daraus drohen Gefahren für ihre bislang erstklassigen Bewertungen. Eine davon resultiert aus der Verlagerung des Vertriebs auf den elektronischen Handel, der einen besseren Preisvergleich mit markenlosen Alternativen zu Produkten wie Tylenol möglich macht.


   Diversifikation hat auch Vorteile 

J&J ist sich dessen wohl bewusst. Tatsächlich ist die Notwendigkeit, sich auf Branchentrends wie den sich verändernden Vertrieb zu konzentrieren, einer der erklärten Gründe für die Abspaltung. Wolk betonte deshalb auch, dass das Konsumgütergeschäft in den letzten Jahren ein 50-prozentiges Wachstum des E-Commerce-Umsatzes verzeichnet hat.

Gleichzeitig gibt J&J damit seinen Glauben an die strategischen Vorteile der Diversifizierung auf. Während der Telefonkonferenz des Unternehmens vom vergangenen Freitag äußerten Analysten auch Zweifel an diesem Kurs. Immerhin hatte das Konsumgütergeschäft beispielsweise J&J dabei geholfen, die pandemiebedingte Unterbrechung der Verkäufe von medizinischen Geräten zu überstehen, als bestimmte Bereiche der Patientenversorgung in den Kliniken zurückgestellt werden mussten.

Jetzt muss das Unternehmen seinen Aktionären beweisen, dass es sich lohnt, dieses Polster zu riskieren. Eine starke Performance der neu ausgerichteten Konsumgütersparte wäre wohl der beste Weg, um Akzeptanz zu schaffen.

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November 15, 2021 07:00 ET (12:00 GMT)