BERLIN (dpa-AFX) - Für die Energiewende sind den Bundesbürgern laut einer Umfrage neue Anlagen auf schon bebauten Flächen und im offenen Meer lieber als in Naturlandschaften. Am besten schneiden Solaranlagen auf und an Gebäuden ab - 58 Prozent finden dies gut, weitere 35 Prozent würden sie zumindest akzeptieren, wie eine am Freitag vorgestellte Studie im Auftrag des Bundesumweltministeriums und des Bundesamts für Naturschutz ergab. Ressortchefin Svenja Schulze (SPD) hob angesichts der Befragung hervor, dass eine insgesamt steigende Wertschätzung für die Natur Mut mache. Sie betonte, dass auch strikte Regelungen zu gentechnisch veränderten Organismen nicht aufgeweicht werden sollten.

Bei Natur-Eingriffen für den Ausbau erneuerbarer Energien stimmen laut Umfrage 37 Prozent der Befragten neuen Windanlagen draußen auf dem Meer zu, 41 Prozent halten sie für akzeptabel - dagegen fallen bei Windanlagen an Land die Zustimmung (23 Prozent) und die Akzeptanz (47 Prozent) geringer aus. Solaranlagen auf Wiesen und Feldern finden 21 Prozent gut, akzeptabel 40 Prozent. Mehrheitlich negativ gesehen werden mehr Hochspannungsleitungen: 22 Prozent lehnen dies laut der Umfrage ab, und weiteren 39 Prozent würde es nicht gefallen. Dass in den Wäldern mehr Bäume gefällt werden könnten, lehnen demnach 40 Prozent ab, 37 Prozent würde es nicht gefallen.

Schulze verwies darauf, dass es Verfahren gebe, an Land und auf dem Meer Anlagen zu bauen, die naturverträglich seien. "Das muss sich nicht widersprechen." Ein weiterer Ausbau sei nötig, um den geplanten Anteil erneuerbarer Energien von 65 Prozent bis 2030 zu erreichen. Insgesamt sei eine hohe Unterstützung für die Energiewende ein guter Rückenwind dafür. Die Präsidentin des Bundesamts für Naturschutz, Beate Jessel, sagte, die Umfrage gebe eine Richtung vor, zunächst städtische und bauliche Bereiche auszuschöpfen, bevor man für den Naturschutz wertvolle Flächen auf der grünen Wiese in Beschlag nehme.

Für die alle zwei Jahre erscheinende Studie zum "Naturbewusstsein in Deutschland" wurden den Angaben zufolge im Herbst vergangenen Jahres 2044 Menschen ab 18 Jahren in computerunterstützten Interviews vom Institut Ipsos befragt.

Ganz allgemein ärgern sich demnach mehr Menschen über einen sorglosen Umgang mit der Natur - diese Position vertreten jetzt 63 Prozent, nach 47 Prozent bei der Umfrage 2017. Dass die Natur der wirtschaftlichen Entwicklung nicht im Weg stehen dürfe, sagen aktuell 26 Prozent der Befragten, zuvor waren es noch 31 Prozent. Schutzgebiete finden eine große generelle Zustimmung. Der Vorsitzende des Verbands Nationale Naturlandschaften, Peter Südbeck, sagte, gerade in der Corona-Krise erfüllten solche Gebiete eine Sehnsuchtsfunktion in schwieriger Zeit./sam/DP/jha