--Auftragsfertiger und Ausfall in Austin bremsen Umsatzentwicklung

--Infineon hebt Prognose erneut an

--Engpässe könnten sich bis 2022 fortsetzen

(NEU: Durchgehend neu mit Aussagen aus Telefonkonferenzen)

Von Olaf Ridder

FRANKFURT (Dow Jones)--Der Chip-Hersteller Infineon rechnet nicht mit einem schnellen Ende der Engpässe bei Halbleitern. Es fehle an Lieferungen von großen Auftragsfertigern, sie hätten nicht ausreichend in Kapazitäten investiert, sagte Konzernchef Reinhard Ploss am Dienstag bei Vorlage der Halbjahresbilanz. "Wir erwarten, dass das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage noch einige Zeit besteht", es gebe sogar das Risiko, dass die Knappheit sich bis 2022 fortsetze.

Zwar wollen Auftragsfertiger wie TSMC aus Taiwan ihre Kapazitäten hochfahren, doch nimmt der Bau ganz neuer Reinstraumfabriken mindestens zwei Jahre in Anspruch. Infineon selbst startet seine neue Fabrik in Villach wegen der hohen Nachfrage schon im Sommer und damit drei Monate früher als geplant. Das Unternehmen stellt Leistungshalbleiter, Sensoren und Logik-Chips selbst her, ist bei sogenannten Microcontrollern aber von Lieferanten abhängig.

Die Nachfrage boomt unterdessen. "In den meisten Anwendungsfeldern übersteigt der Bedarf das Angebot deutlich", sagte Ploss. Digitalisierung und Energiewende hätten nicht nur zyklisch, sondern auch strukturell zu einer steigenden Nachfrage geführt. Das werde sich auch so schnell nicht ändern.

In der Autobranche, die für knapp die Hälfte des Infineon-Umsatzes steht, werden Fahrzeuge aus Mangel an Chips derzeit nicht gebaut. Ploss rechnet hier in den nächsten Monaten mit einer leichten Entspannung. Nachgeholt werde die Produktion aber wohl erst im nächsten Jahr.

Nicht aufholen kann Infineon unterdessen den Ausfall in seinem eigenen, voll ausgelasteten Werk im texanischen Austin. Dort wurde im Februar wegen der winterlichen Eiseskälte der Strom abgedreht, und es stand deshalb für mehrere Wochen still. Erst im Juni wird dort wieder mit voller Kapazität produziert werden.

Ein mittlerer zweistelliger Millionen-Umsatz werde deshalb allein im laufenden Quartal wohl nicht realisiert, schätzt Infineon. Insgesamt könnten es 100 bis 200 Millionen Euro Umsatz sein, der dem DAX-Konzern aufgrund der Lieferengpässe im laufenden Geschäftsjahr durch die Lappen gehen wird, sagte Finanzchef Sven Schneider. Das sei aber allenfalls eine grobe Schätzung.

Trotz des Ausfalls in Austin hob das Unternehmen aus dem Speckgürtel von München seine erst im Februar erhöhte Prognose für 2020/21 noch einmal an. Der Jahresumsatz per Ende September wird nunmehr bei 11 Milliarden Euro gesehen, wenn der Dollar halbwegs stabil bleibt. Das wären rund 200 Millionen mehr als zuletzt geschätzt. Die Segmentergebnismarge dürfte 18 (bisher: 17,5) Prozent erreichen.

Im abgelaufenen zweiten Quartal lag der Umsatz mit 2,7 Milliarden Euro rund ein Drittel über dem Vorjahreswert. Das Segmentergebnis schoss um fast drei Viertel auf 470 Millionen Euro in die Höhe. Bei beiden Kennziffern schlug sich das Unternehmen leicht besser als die vom Unternehmen befragten Analysten im Mittel geschätzt hatten. Unter dem Strich stand ein Überschuss von 203 Millionen Euro.

Problemlos läuft unterdessen die Integration des US-Chipherstellers Cypress, der jetzt seit gut einem Jahr zu Infineon gehört. Die wesentlichen Programme zur Integration seien umgesetzt, die erwarteten Synergien ließen sich erzielen. Alles laufe hervorragend und mit hoher Energie, sagte Ploss - obwohl man sich seit dem Closing nicht mehr persönlich gesehen habe.

Die Infineon-Aktie notierte an der Börse am frühen Nachmittag fast 4 Prozent im Minus und gehörte damit zu den schwächsten Werten im Leitindex DAX. Beobachter sprachen von Gewinnmitnahmen und Umschichtungen im Tech-Sektor.

Kontakt zum Autor: olaf.ridder@wsj.com

DJG/rio/smh

(END) Dow Jones Newswires

May 04, 2021 08:24 ET (12:24 GMT)