NEUBIBERG/WASHINGTON (dpa-AFX) - Der Chiphersteller Infineon stößt bei der geplanten Übernahme des US-Konkurrenten Cypress Semiconductor Insidern zufolge auf Widerstand. Mitarbeiter der Regulierungsbehörde CFIUS hätten US-Präsident Donald Trump davor gewarnt, den milliardenschweren Zukauf zu genehmigen, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg am späten Donnerstagabend unter Verweis auf mit der Sache vertraute Personen. Grund seien Sorgen, dass durch den Deal eine Gefahr für die nationale Sicherheit der USA bestehen könnte. Infineon wollte sich auf Nachfrage nicht dazu äußern. Worin das Risiko für die nationale Sicherheit bestehen soll, ist laut des Berichts nicht bekannt.

Am Kapitalmarkt kamen die Nachrichten schlecht an. Kurz nach Handelsbeginn verlor die Infineon-Aktie zeitweise rund fünf Prozent an Wert und lag zuletzt noch mit 2,35 Prozent im Minus bei 17,41 Euro. Seit Jahresbeginn hat sie bereits rund 14 Prozent verloren, auch wegen der Coronavirus-Sorgen. Auf längere Sicht sieht es deutlich besser aus: In den zurückliegenden fünf Jahren steht für die Anteilsscheine ein Plus von fast zwei Dritteln zu Buche.

Infineon-Chef Reinhard Ploss hatte sich in den vergangenen Monaten immer wieder demonstrativ zuversichtlich gezeigt, dass die mit einem Volumen von 9 Milliarden Euro größte Übernahme in der Geschichte des Konzerns gelingen wird und diesmal nichts schiefgeht. Allerdings musste Ploss erst vor wenigen Wochen einräumen, dass der angepeilte Vollzug länger als zunächst gedacht dauern werde. War Infineon ursprünglich davon ausgegangen, dass die noch fehlende Freigabe der Wettbewerbshüter Ende 2019 oder Anfang 2020 erfolgen sollte, rechnete der Konzern zuletzt damit, dass der Vollzug der Transaktion gegen Ende des laufenden zweiten oder Anfang des dritten Geschäftsquartals vermeldet werden kann.

Während die EU bereits vergangenen Herbst grünes Licht gegeben hatte, lässt ein entsprechendes Signal aus den USA auf sich warten. Anfang Februar hatte Ploss darauf verwiesen, dass die Gespräche mit den US-Behörden, aber auch mit den chinesischen Behörden gut und konstruktiv verliefen. "Wir kommen voran", hatte der Vorstandschef damals betont. Allerdings haben die Münchener schon einmal schlechte Erfahrungen gemacht: Bereits 2017 hatte der Dax-Konzern versucht, den US-Halbleiterspezialisten Wolfspeed zu übernehmen, war dabei aber am Veto der Behörden gescheitert.

Die US-Regierung hatte vor einiger Zeit die Überprüfung der Übernahmen von US-Unternehmen durch ausländische Firmen gerade mit Blick auf Technologieunternehmen verschärft. Übernahmen werden vor allem dann kritisch betrachtet, wenn sie chinesischen Käufern die Möglichkeit eröffnen würden, an amerikanische Hochtechnologie zu gelangen. Der chinesische Markt ist für Infineon von hoher Bedeutung. Dort erzielt der Halbleiterspezialist einen beträchtlichen Teil seines Umsatzes.

Ein Aktienhändler verwies mit Blick auf das mögliche Scheitern des Cypress-Deals darauf, dass Infineon danach selbst wieder zu einem Übernahmekandidaten werden könnte. Die schlechte Nachricht treffe die Aktie in einer für die globale Chipbranche ohnehin sehr schwierigen Zeit.

Der Dax-Konzern aus Neubiberg bei München, der aktuell die Schwäche der Autoindustrie und die sich eintrübende Weltwirtschaft zu spüren bekommt, will eigentlich mit der Cypress-Übernahme in die Top Ten der Halbleiterhersteller weltweit aufsteigen. Bei Chips für die Autoindustrie sieht Ploss Infineon durch den Zukauf sogar als künftige Nummer eins. Durch die Akquisition will Infineon auch ein deutlich stärkeres Standbein in den USA bekommen und setzt auch große Hoffnungen auf die "Connectivity"-Komponenten von Cypress - elektronische Bauteile für vernetzte Geräte und Maschinen, die untereinander kommunizieren.

Bei der kürzlich in München über die Bühne gegangenen Hauptversammlung hatten sich Infineon-Anteilseigner allerdings skeptisch gegenüber der Cypress-Übernahme gezeigt. Unter anderem hatten Aktionäre den "hohen Preis" kritisiert und die Übernahme als "riskante Wette" bezeichnet./eas/stw/mis