Start-up-Unternehmen sind nicht immer das, was der angelsächsische Begriff vermuten lässt, im Finanzbereich etwa sogenannte Fin-Techs, gegründet von jungen Leuten. Denn klassische Bankgründungen gibt es auch noch. Illimity heißt das italienische Finanzunternehmen, das in seiner Heimat viel von sich reden macht. Der frühere italienische Minister für wirtschaftliche Entwicklung, der heute 67 Jahre alte Corrado Passera, hat es 2018 mit seinem Geschäftspartner Andrea Clamer ins Leben gerufen.

In vier Jahren ist Illimity zu einem soliden Finanzanbieter mit mehr als 700 Mitarbeitern und einer Eigenkapitalquote von fast 19 Prozent (Core Tier One) herangewachsen. "Wir waren eines der ersten Einhörner Italiens", berichtet Passera im Gespräch mit der F.A.Z. Damit sind die Start-ups mit einer Marktbewertung von mehr als einer Milliarde Dollar gemeint.

Die Analysten der Bank Intesa Sanpaolo raten zum Kauf der Illimity-Aktie, denn die Bank verfüge über "eine starke Pipeline von Deals". Durch den Krieg in der Ukraine hat ihr Wert so wie bei anderen Häusern zwar nachgelassen. Doch Illimity steht auf mehreren Beinen. Pas­sera hat seine Bank nicht nach dem Vorbild konventioneller Vorgänger aufgebaut. Seine "Bank eines neuen Paradigmas" setzt vor allem auf kleine und mittelständische Unternehmen, doch nicht nur auf solche mit unmittelbarem Wachstumspotential. "Wir sind sehr gut in der Unterstützung von Unternehmen in Schwierigkeiten, die aber gute Restrukturierungschancen haben. Die Zahl solcher Firmen wird durch den Krieg in der Ukraine größer", sagt Passera.

"Wir müssen jetzt vorsichtig sein"

Illimity profitiert dabei auch von den Schwächen des italienischen Bankensektors; es gibt massenweise notleidende Kredite, welche die großen Banken loswerden wollen. Ihnen sei das Festhalten an diesen Ausleihungen oft zu mühsam, weil zu kleinteilig, oder sie seien schlicht zu faul, sagt Passera. Illimity bietet sich da als Auffangbecken an. "Eine Reihe großer Banken ist nicht ausgestattet oder interessiert daran, diese Situationen zu managen. Sie haben nicht nur die Kreditportfolios verkauft, sondern ganze Einheiten, die Systeme und das Know-how." Illimity hat so gut 700 Spezialisten eingestellt, die aus 300 Häusern in 20 Ländern kamen. Die Verbindung dieser Fachkräfte mit innovativer Informationstechnologie auf Cloudbasis sieht die Bank als ihr Erfolgsgeheimnis.

Der frühere Politiker räumt aber ein, dass die Zeiten nun rauer werden; eine Rezession droht in Italien, wenn sie nicht schon angefangen hat, wie die Ökonomen des Arbeitgeberverbandes ermittelt haben. "Ja, wir müssen jetzt vorsichtig sein und die Entwicklung bei unseren Kunden Tag für Tag verfolgen." Doch er glaubt an das richtige Gespür seiner Leute. Die Kreditausfallrate lag im vergangenen Jahr bei weniger als einem Prozent. Man habe wenige Kunden, die stark von der Ukraine und Russland sowie deren Rohstoffen abhängig seien. Allerdings träfen die gesamte Kundschaft die allgemein hohen Energie- und Rohstoffkosten.

Nettogewinn von fast 66 Millionen Euro

Doch auch hier hat Illimity eine Rückversicherung: Die Bank hat sich auch darauf spezialisiert, sterbende Unternehmen abzuwickeln und deren Schulden sowie Garantien, die oft aus Immobilien bestehen, zu verwerten. Mit den Gegenparteien einigt man sich oft außergerichtlich. Den Nachschub für diese Arbeit sieht Passera in Zukunft anschwellen. Erst die Pandemie und jetzt die Stagflation - an notleidenden Unternehmen werde es in ganz Europa nicht fehlen, ist er überzeugt.

Dabei will Passera Illimity in den nächsten Jahren noch stärker zu einem Spezialisten für kleine und mittelständische Unternehmen ausbauen. Unter den 4 Millionen Betrieben dieser Größenkategorie gebe es in Italien viele Juwelen. Die Angebote für sie auf digitalen Plattformen erhöht Illimity nun. Und wenn man für solche vergleichsweise kleinen Kunden arbeitet, ist der Schritt zur Retail-Bank nicht weit. Illimity will künftig auch Angebote für Privatkunden auf Abonnementsbasis wie bei Netflix im Programm haben. Dabei bezahlen die Kunden jeden Monat eine Abogebühr und können kündigen, wann sie wollen. Auch für Immobiliengeschäfte steht eine digitale Plattform bereit, auf der Käufer und Verkäufer zusammenfinden sollen. Fast eine Million Nutzer haben sich im vergangenen Jahr eingeschrieben.

Im vergangenen Jahr hat das Geschäftsmodell gut funktioniert: Bei einem Zins- und Gebühreneinkommen von rund 271 Millionen Euro entstand ein Nettogewinn von fast 66 Millionen Euro. In diesem Jahr dürfte das Geschäft mit notleidenden Krediten zunehmen. Zudem hat Illimity wieder eine neue Nische gefunden: Ansprüche privater Unternehmer gegen öffentliche Auftraggeber, ein Markt von 40 bis 50 Milliarden Euro. Auch hier sieht sich die Bank als Spezialist beim Verwerten solcher Ansprüche, die vorherige Besitzer abgetreten haben.

Draghi habe überfällige Reformen angestoßen

Neben dem Krisengeschäft sind in Italien nach Ansicht von Passera aber auch genügend schöne Wachstumsgeschichten zu finden. Er selbst hat nach eigenen Angaben vor einem Jahrzehnt als Minister mitgeholfen, einen günstigen gesetzlichen Rahmen für Unternehmensgründungen einzurichten. So hätten Start-ups in Italien heute vergleichsweise gute steuerliche und rechtliche Bedingungen. Auch die Konsolidierung auf dem italienischen Bankenmarkt sei vorangekommen, und der Wettbewerb habe dennoch zugenommen. Von ehemals 1000 Banken seien heute nur noch rund 100 übrig - anders als in Deutschland. "Vor zwanzig Jahren war unser Bankensystem fast noch vollständig in öffentlicher Hand, heute ist es fast ganz privat. Deutschland - ein Land, von dem wir in vielen Sektoren lernen können - geht sicher nicht in der gleichen Geschwindigkeit in diese Richtung", sagt Passera. Der einzige große ungelöste Problemfall in Italien sei heute noch die Bank Monte dei Paschi aus Siena.

Ein Ex-Politiker wie er kann es sich am Ende nicht verkneifen, über Politik zu sprechen. Er hofft darauf, dass Mario Draghi - "die beste Person, die wir heute als Ministerpräsidenten haben können" - möglichst lange im Amt bleibt. Überfällige Reformen habe er auf den Weg gebracht. "Draghi gilt zu Recht als eine der glaubwürdigsten Führungskräfte Europas. Er kann wichtige Beiträge zur Weiterentwicklung des europäischen Projektes leisten", meint Passera.

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