FRANKFURT (dpa-AFX) - Der Finanzdienstleister Hypoport ist am deutschen Aktienmarkt zurzeit einer der Stars und im Kleinwerteindex SDax unter den besten Werten. Das Unternehmen verzeichnet hohes Wachstum, aber im Kurs scheint viel Positives bereits eingepreist. Wie sich Hypoport entwickelt, was die Experten sagen und wie die Aktie läuft.

DAS IST LOS BEI HYPOPORT:

Die fortschreitende Digitalisierung macht auch vor der Finanz- und Immobilienwirtschaft nicht halt. Die Nachfrage nach internetbasierten Finanzdienstleistungen ist hoch. Am Immobilienmarkt ist das Angebot knapp, was zu steigenden Preisen führt und die Kreditnachfrage bei weiter tiefen Zinsen ankurbelt. Von diesen Trends profitiert Hypoport als Finanzdienstleister mit Technologie-Know-How enorm.

Das Unternehmen mit Sitz in Berlin wuchs im ersten Halbjahr 2018 so stark wie noch nie seit dem Börsengang vor elf Jahren. Der Umsatz stieg um 28 Prozent zum Vorjahreszeitraum auf 122 Millionen Euro. Zukäufe, von denen es in den zurückliegenden zwei Jahren sechs gab, trugen zum Wachstum in der ersten Jahreshälfte etwa 5 Prozent bei. Das Jahres-Umsatzziel stockte Vorstandschef Ronald Slabke im Sommer auf 240 bis 260 Millionen Euro auf.

Wachstum hat für Hypoport noch immer einen höheren Stellenwert als das Ergebnis. Deswegen investiert das Unternehmen in Vertrieb und Forschung, was laut Slabke die Ergebniskennzahlen jüngst etwas belastet habe. Der operative Gewinn legte im ersten Halbjahr dennoch um 11 Prozent zu auf 14,8 Millionen Euro. Per Jahresende sollen es zwischen 29 und 34 Millionen Euro sein.

Stärkstes der vier Segmente von Hypoport ist die Kreditplattform mit dem internetbasierten B2B-Finanzierungsmarktplatz Europace, hinter dem sich eine Softwareplattform zum Abschluss von Immobilienfinanzierungen verbirgt. Mit den über Europace erfolgten Immobilienfinanzierungen ließ Hypoport im ersten Halbjahr mit plus 13 Prozent den dreiprozentigen Zuwachs des Gesamtmarktes weit hinter sich. Sparkassen und Genossenschaftsinstitute nutzen die Kreditplattform in zunehmendem Maß.

Angriffslustig gibt sich Firmenchef Slabke im Segment der Versicherungsplattform. "Der Versicherungsmarkt schreit aufgrund seiner Kostenstrukturen gerade in der Wertschöpfung zwischen Verbrauchern, Beratern und Versicherungsgesellschaften nach Digitalisierung." Es fehle eine Plattform für die Branche, um effizient zusammenzuarbeiten, so Slabke, der die Marktposition hier massiv ausbauen will.

DAS SAGEN DIE EXPERTEN:

Börsenbrief-Autor Hans Bernecker zeigte sich begeistert von dem Vorhaben, künftig alle deutschen Versicherungsgesellschaften miteinander per Internet neue Geschäfte abwickeln zu lassen. Angesichts der Größe dieses Marktes dürfte es um Milliarden gehen, schlussfolgert der Experte und geht sogar noch weiter: Die sich daraus ergebenden Perspektiven für Hypoport ließen Erwartungen zu, die in die Größenordnungen von Wirecard gehen.

Das lässt aufhorchen, denn der Zahlungsabwickler Wirecard - am Markt derzeit der Superstar und ab September voraussichtlich im deutschen Leitindex Dax - hat beim Börsenwert mit mehr als 23 Milliarden Euro inzwischen Finanzkonzerne wie die Commerzbank und die Deutsche Bank abgehängt. Davon ist Hypoport noch ein großes Stück entfernt, auch wenn in diesem Jahr die Marktkapitalisierung erstmals eine Milliarde Euro übersprang.

Von den sechs Analysten, die die Hypoport-Aktie beobachten, votiert derzeit die Hälfte mit Kaufen, die andere Hälfte rät zum Halten. Mit einem Kursziel von 200 Euro ist das Bankhaus Metzler am optimistischsten, das tiefste kommt von der Commerzbank mit 178 Euro. Insgesamt liegen alle Analysten mit ihren Kurszielen im Umkreis des aktuellen Kurses um die 190 Euro. Dies bedeutet, dass sie dem Wert vorerst keine allzu großen Sprünge mehr zutrauen.

Analyst Philipp Häßler von Equinet stufte die Aktie vor wenigen Tagen von "Accumulate" auf "Neutral" ab. Nicht etwa, weil er Hypoport als Unternehmen pessimistischer sieht, im Gegenteil: Er rechnet in Zukunft mit starkem Gewinnwachstum und sieht Hypoport als Profiteur einer wohl weiterhin hohen Nachfrage nach Wohnimmobilien. Aus der derzeit noch Verluste schreibenden Versicherungsplattform sollte in den kommenden Jahren ein wichtiger Gewinntreiber werden, glaubt Häßler. Die guten Perspektiven bilde der Aktienkurs aber bereits ab. Sein von 176 auf 190 Euro angehobenes Kursziel lasse erst einmal keinen Spielraum mehr nach oben.

Auch Analyst Marius Fuhrberg von Warburg Research ist hinsichtlich weiterer Kursavancen vorsichtig, wie sein Kursziel von ebenfalls 190 Euro zeigt. Dennoch sei Hypoport in einer ausgezeichneten strategischen Position und es bestehe großes Potenzial im Sektor der Sparkassen und Genossenschaftsbanken.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Die Hypoport-Aktie zählt bereits seit längerem zu den Favoriten am deutschen Aktienmarkt. Dümpelte der Kurs nach dem Börsengang 2007 jahrelang vor sich hin, kam 2015 mit einem Kurszuwachs von mehr als 560 Prozent kräftig Dynamik in die Kapitalmarktstory. Die Folge war die Mitgliedschaft im Kleinwerteindex SDax Ende 2015. Nach dem Index-Aufstieg war die Luft erst einmal raus, die guten Perspektiven eingepreist. Das Papier kam 2016 per saldo kaum vom Fleck, auch wenn zwischenzeitlich beim Börsenwert die halbe Milliarde Euro erreicht wurde.

Seit Frühjahr 2017 geht es wieder deutlich bergauf, das Kursplus von 87 Prozent für das vergangene Jahr unterstreicht dies. Mittlerweile pirscht sich die Aktie an die runde Marke von 200 Euro heran. Mit 197,20 Euro war sie im August 2018 schon kurz davor. In diesem Jahr liegt das Papier mit einem Kurszuwachs von bislang gut 30 Prozent auf dem zweiten Platz im SDax./ajx/la/fba