Von Rochelle Toplensky

NEW YORK (Dow Jones)--Die Ausrichtung der HSBC auf Asien bleibt trotz der Verlangsamung des chinesischen Wachstums und der Unsicherheit auf dem Immobilienmarkt vielversprechend. Zuletzt meldete die in London ansässige Bank einen unerwartet hohen Gewinn für das dritte Quartal und einen Aktienrückkauf in Höhe von 2 Milliarden US-Dollar. Die Bank steckt mitten auf halbem Wege ihres dreijährigen Turnaround-Plans und ist nach wie vor entschlossen, sich von den USA und Europa weg auf wachstumsstärkere Märkte in Asien zu verlagern. In der Region erwirtschaftet der Finanzkonzern bereits etwas mehr als die Hälfte seiner Erträge und Gewinne.

Angesichts der Schuldenkrise bei Chinas größtem Immobilienentwickler Evergrande und der Gefahr einer Ansteckung sagte Finanzchef Ewen Stevenson, die Bank habe eine "intensive Überprüfung" ihres Engagements und ihrer Verlustrückstellungen vorgenommen. Gegenüber Analysten erklärte er, das neue Rückkaufprogramm des Kreditgebers unterstreiche die Zuversicht seines Hauses, dass die Bank nicht wesentlich gefährdet sei.


   HSBC kommt mit Konzernumbau überzeugend voran 

Das chinesische Festland macht weniger als ein Fünftel des 1-Billionen-Dollar-Kreditbuchs der HSBC aus, wobei weniger als 2 Prozent auf Immobilien auf dem Festland entfallen. Der Großteil des Kreditportfolios entfällt auf Hongkong und Großbritannien. HSBC hat kein direktes Kreditengagement bei Bauträgern, die gemäß den drei roten Linien der Regierung in die Kategorie "rot" fallen. HSBC-Chef Noel Quinn warnte jedoch: "Wir sind bei Risiken zweiter Ordnung gut aufgestellt, aber ich wäre dumm, wenn ich sagen würde, es gäbe keine Risiken zweiter Ordnung. Sie bestehen potenziell für uns alle." Die Bank verfügt jedoch über einen gewissen Spielraum, denn sie hat Wertberichtigungen für Kreditausfälle in Höhe von fast 1,4 Milliarden Dollar in ihren Büchern und verfügt über reichlich Überschusskapital.

Das Geldhaus macht Fortschritte bei seinem Turnaround, wenngleich die künftige Rentabilität angesichts schwächelnder Erträge und langsamer Fortschritte bei den Kosten fraglich bleibt. Die Erträge der Sparte "Global Markets and Investment Banking" schrumpften gegenüber dem dritten Quartal des Vorjahres um 3 Prozent und blieben damit deutlich hinter denen der Wall-Street-Konkurrenten zurück. Allerdings hat die HSBC die risikogewichteten Aktiva des Geschäftsbereichs in diesem Zeitraum absichtlich um 7 Prozent verringert und konzentriert sich nicht auf den Aktien- und Beratungsbereich. Dieser bescherte den meisten Konkurrenten in diesem Quartal hohe Gewinne.


   HSBC-Aktienkurs hinkt europäischer Konkurrenz hinterher 

Die Lohninflation hat die Kostenreduzierung verlangsamt, aber das ist ein branchenweites Phänomen. An den künftigen Erträgen muss der Finanzkonzern noch feilen. Das Wachstum in Asien ist vielversprechend, auch wenn es sich verlangsamt. Die Konzernspitze erwähnte lobend das Privatkundengeschäft, die Vermögensverwaltung und Nebendienstleistungen wie Versicherungen sowie die Handelsfinanzierung in Singapur und Hongkong. Zulegende Zinssätze in Großbritannien und Hongkong dürften ebenfalls hilfreich sein. Jüngste Zinssenkungen kosteten die Bank laut Stevenson allerdings etwa 7 Milliarden Dollar an Einnahmen. Die Bank steht immer noch vor einem schwierigen Spagat zwischen China und den USA. Dafür hat sich die Situation durch den Rückzug der HSBC aus dem US-Privatkundengeschäft etwas entspannt.

Indes hat die HSBC-Aktie in diesem Jahr nicht so stark zugelegt wie ihre europäischen Konkurrenten. Die direkte Beteiligung der Bank am asiatischen Wachstum bedeutet, dass die Aktie immer noch mit einem Aufschlag gegenüber den lokalen Konkurrenten gehandelt wird, aber die Bewertung hat sich nicht auf historische Niveaus erholt. Die Kernkapitalquote Tier 1 liegt mit 15,9 Prozent deutlich über dem Zielwert, sodass die Aktionäre mit Dividenden und weiteren Aktienrückkäufen rechnen können. Dies ist eine willkommene Nachricht für die Anleger, insbesondere in Asien, die im vergangenen Jahr unter dem von der Bank of England verhängten Dividendenverbot zu leiden hatten. Die HSBC hat Fortschritte gemacht, um ihr Schiff auf Vordermann zu bringen, und es sieht so aus, als ob sie den Evergrande-Sturm mit Leichtigkeit übersteht. Aber es bleibt viel zu tun, und es liegt noch raue See vor dem Unternehmen.

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October 26, 2021 04:34 ET (08:34 GMT)