BUDAPEST (dpa-AFX) - Ungarns rechts-nationale Regierung verzichtet nun endgültig auf die Einführung einer neuen, umstrittenen Verwaltungsgerichtsbarkeit. Das Gesetz werde zurückgenommen, erklärte Justizministerin Judit Varga am späten Donnerstagnachmittag der staatlichen Nachrichtenagentur MTI. Bereits im Mai war die Inkraftsetzung des Gesetzes auf unbestimmte Zeit verschoben worden.

"Nach ernsthaften fachlichen Diskussionen ist die Regierung zur Ansicht gelangt, dass die Gerichtsbarkeit vor überflüssigen Diskussionen zu bewahren ist, weshalb sie das einheitliche System der Gerichtsbarkeit beibehalten wird", sagte Varga. Eine eigenständige Verwaltungsgerichtsbarkeit werde es nicht geben.

Das im Dezember 2018 beschlossene, nunmehr gekippte Gesetz war insbesondere von der Venedig-Kommission kritisiert worden, einem Expertengremium des Europarates. Hauptpunkt der Kritik: Bei der Bestellung der leitenden Richter hätte die Regierung das entscheidende Wort gehabt. Die geplanten Gerichte hätten aber in politisch heiklen Fällen geurteilt, etwa bei Wahlanfechtungen und Konflikten um Entscheidungen der regierungstreuen Medienaufsicht.

Die Justiz in Ungarn ist grundsätzlich starkem Druck der seit 2010 amtierenden Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban ausgesetzt. Das 2012 geschaffene Landesamt für Gerichte schikaniert Richter, die sich nicht auf Regierungslinie bringen lassen wollen. Die ebenfalls 2012 verfügte Zwangsverrentung älterer und erfahrener Richter sollte Platz schaffen für regierungsloyale Nachrücker. EU-Gremien haben diese Eingriffe regelmäßig beanstandet./gm/DP/me