Von Carol Ryan

NEW YORK (Dow Jones)--Corona verändert die globale Luxusgüterindustrie. Entweder wird sie am Ende viel größer aus der Krise hervorgehen als derzeit erwartet oder bei vielen Marken in Privatbesitz zeigen sich Schwächen. Zuletzt gab der Handtaschenhersteller Hermès Birkin bekannt, dass der Umsatz im ersten Halbjahr 2021 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bei konstanten Wechselkursen um 77 Prozent emporgeschnellt ist. Noch auffälliger ist, dass der Umsatz um ein Drittel höher war als im Vergleichszeitraum 2019.

Die größten europäischen Luxusgüterunternehmen haben in dieser Berichtssaison die Umsätze aus der Vor-Corona-Zeit überholt. Der Cartier-Eigentümer Richemont steigerte seine Umsätze in den drei Monaten bis Juni um 22 Prozent über das Niveau von 2019. LVMH und Kering, die jeweils für die Marken Louis Vuitton und Gucci bekannt sind, vergrößerten ebenfalls ihre Umsätze und im Falle von LVMH mit profitablerem Geschäft. Die operative Marge des Unternehmens kletterte im ersten Halbjahr um 5,5 Prozentpunkte auf 26,6 Prozent im Vergleich zum gleichen Zeitraum vor der Krise.

Die Berater von Bain & Company bestätigen die Prognosen, die die meisten Aktienanalysten, die den Sektor beobachten, teilen. In ihrem optimistischsten Szenario geht Bain davon aus, dass der Weltmarkt für persönliche Luxusgüter im Jahr 2021 um 5 Prozent größer sein wird als 2019. Große Marken wie Christian Dior, Louis Vuitton und Hermès steigern ihre Umsätze um ein Vielfaches dieser Rate. Die Schätzung könnte sich sogar als zu konservativ erweisen, wenn die gehorteten Ersparnisse der Verbraucher und das Geld, das normalerweise für Reisen ausgegeben wird, weiterhin in Luxusmarken fließen.

Eine andere Erklärung ist, dass eine massive Veränderung im Gange ist. Die Analysten von Jefferies schätzen, dass der Anteil von LVMH am weltweiten Markt für persönliche Luxusgüter von 10 Prozent vor der Pandemie auf heute etwa 16 Prozent emporgeschnellt ist, wobei diesen Zuwachs der Kauf des US-Juweliers Tiffany teilweise schönt.

Einige kleinere börsennotierte Marken behaupten sich. Moncler hat bereits seine Größe von vor der Pandemie übertroffen. Burberry hat ebenfalls zugelegt, wenn auch nur knapp. Und zuletzt schossen die in Hongkong notierten Aktien von Prada um 12 Prozent in die Höhe, nachdem das Unternehmen Zahlen veröffentlicht hatte, wonach die Einzelhandelsumsätze im ersten Halbjahr um 8 Prozent über dem Niveau vor der Pandemie lagen.

Aber das sind Ausnahmen. Zu den börsennotierten Corona-Opfern gehören Salvatore Ferragamo, der Schweizer Uhrenhersteller Swatch und der Schuhhersteller Tod's, die alle wegen der Pandemie einen Rückgang ihrer Geschäfte hinnehmen mussten. Und eine Reihe von kürzlich erfolgten Übernahmen deutet darauf hin, dass viele Marken in Privatbesitz unter die Räder kommen. Etro, Jil Sander und Christian Louboutin haben seit der Krise Minderheits- oder Mehrheitsbeteiligungen an ihren Marken verkauft. Giorgio Armani erklärte kürzlich, dass seine gleichnamige Marke erst 2022 wieder das Niveau von vor der Krise erreichen wird. Der 87-jährige Designer hat laut Medienberichten Übernahmegespräche mit der Investmentgesellschaft Exor der Familie Agnelli geführt. Wenn es um Luxusaktien geht, kommt Spitzenqualität nicht mehr in kleinen oder diskreten Paketen daher. Das ist schon seit einiger Zeit so, aber die Pandemie hat es noch wahrer gemacht.

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August 02, 2021 09:55 ET (13:55 GMT)