FRANKFURT (dpa-AFX) - Knorr-Bremse will den Autozulieferer Hella nun doch nicht kaufen. Diese Nachricht war am Donnerstag ein kleines Trostpflaster für die in diesem Jahr wenig verwöhnten Anleger des Lkw- und Zugbremsen-Herstellers.

Die zuletzt stark unter Druck geratenen Aktien von Knorr-Bremse waren zu Handelsbeginn um mehr als 10 Prozent in die Höhe geschnellt und hatten damit zumindest einen kleinen Teil der jüngsten Verluste wieder wettgemacht. Bis zum späten Vormittag blieb noch ein Plus von 6,5 Prozent auf 96,12 Euro. Damit waren die Anteilsscheine aber immer noch der mit Abstand beste Wert im MDax. Der Index der mittelgroßen Werte hingegen gab um mehr als ein Prozent nach.

Die ebenfalls im MDax notierten Papiere von Hella büßten knapp zwei Prozent ein. Sie waren Ende Juni nach Bekanntwerden des Interesses von Knorr-Bremse kurz auf ein Rekordhoch geschossen, die Euphorie war aber schnell verflogen.

Am Mittwoch nach Börsenschluss war nun bekannt geworden, dass sich Knorr-Bremse gegen eine Mehrheitsübernahme des Autozulieferers Hella entschieden hat. Nach sorgfältiger Analyse hatte der Lkw- und Zugbremsen-Hersteller die Möglichkeiten des Transfers von Schlüsseltechnologien und Produkten auf das eigene Angebot als nicht ausreichend zur Realisierung der erwarteten Synergien bewertet. Ein Kauf von Hella würde nicht hinreichend zusätzlichen Wert für die Aktionäre schaffen, sagte Konzernchef Jan Mrosik laut Mitteilung.

Analysten hatten sich deutlich skeptisch zu der geplanten Übernahme von Hella geäußert. Der Experte Stephan Bauer vom Bankhaus Metzler begrüßte denn auch am Donnerstag das abgeblasene Vorhaben. Im Fall eines Deals wäre wegen des gesunkenen Aktienkurses von Knorr-Bremse eine größere Kapitalerhöhung notwendig gewesen. Die unterschiedlichen Endmärkte der Unternehmen hätten seiner Meinung nach das Geschäftsmodell von Knorr-Bremse auch anfälliger für Schwankungen gemacht.

Analyst Sven Weier von der Schweizer Großbank UBS fand es bemerkenswert, dass Knorr-Bremse laut Pressemitteilung den Fokus vor allem auf das Wachstum aus eigener Kraft legen will. Für den Lkw- und Zugbremsen-Hersteller gehe es nun darum, eine gute Kommunikation rund um die Mitte August anstehenden Geschäftszahlen zum zweiten Quartal zu betreiben. Der Experte verwies darauf, dass die Anleger bereits dünnhäutig auf die enttäuschenden Resultate der Zugsparte im ersten Jahresviertel reagiert hätten und es nun darum gehe, die Investoren nicht erneut zu entmutigen. Weier ist diesbezüglich recht zuversichtlich, denn das Unternehmen habe bereits eine Erholung der Geschäfte im zweiten Halbjahr in Aussicht gestellt.

Kurz bevor das Interesse von Knorr-Bremse an Hella Ende Juni bekannt geworden war, hatten die Anteilsscheine des Lkw- und Zugbremsen-Herstellers seit Jahresbeginn gerechnet noch ein kleines Plus verbucht, während der Gesamtmarkt in diesem Zeitraum bereits recht ordentliche Gewinne verzeichnet hatte. Die Nachricht von der angepeilten Übernahme warf die Aktien dann innerhalb weniger Tage jäh um rund 20 Prozent zurück. Erst am Mittwoch erreichten die Papiere bei knapp 90 Euro den tiefsten Stand seit rund einem Jahr.

Der Kursanstieg an diesem Donnerstag reichte damit nicht aus, um die bisherige Jahresbilanz der Aktien von Knorr-Bremse wesentlich zu verbessern. Die Aktien haben seit Anfang Januar knapp 14 Prozent verloren, während der MDax rund 12 Prozent im Plus liegt.

Auch das charttechnische Bild bleibt eingetrübt. Seit dem Kursrutsch Ende Juni notieren die Anteilsscheine unter allen wichtigen Durchschnittslinien, welche die kurz-, mittel- und langfristigen Trends beschreiben./la/ag/eas